Brigitte Kowanz im Linzer Schlossmuseum

Beeindruckendes Vermächtnis

Tief im Inneren des Linzer Schlossberges eröffnen die Werke von Brigitte Kowanz einen Kosmos von Raum, Zeit, Licht und Sprache. Die erste Museumsausstellung nach dem Tod der Künstlerin ist eine von ihr vorbereitete Rauminstallation. Der Titel „ISTR“ steht als Akronym für „I seem to recall“.


Die Dramaturgie beginnt bereits am Weg zu den Ausstellungsräumen. Eine steile Stiege führt von der Linzer Altstadt hinauf zum Südflügel des Schlosses, der 2009 als Glas- und Stahlbau errichtet wurde. Von der Eingangshalle geht der Weg dann Stufe für Stufe wieder hinunter tief in das Innere des Schlossberges. Dort befindet sich ein großer Raum mit grauem Sichtbeton und ohne Tageslicht wie geschaffen für die Werke von Brigitte Kowanz. Die Künstlerin unterteilt ihn in zwei Zonen. Zusätzlich zur baulichen Trennung wird die Dualität durch Licht weißem Neonlicht im vorderen Raum und Schwarzlicht im hinteren Bereich definiert.

Licht und Sprache als wesentliche Parameter ihres Werkes treten in Dialog mit den Räumen. In dem von der Künstlerin bis kurz vor ihrem Tod im Jänner 2022 präzise durchdachten Ausstellungskonzept finden sich neue Arbeiten Seite an Seite mit Werken, deren Entstehung bis in die 1980er-Jahren zurückgeht. Die Werke eröffnen in ihrer haptischen und atmosphärischen Wirkung eine sinnliche Erfahrung und verwandeln den unterirdischen „Speicher“ in einen Ort der Konzentration und Ruhe. Zugleich regen sie auf intellektueller Ebene in der vielschichtigen künstlerischen Reflexion von Zeichen, Codes und Sprache zur Auseinandersetzung an und widersetzen sich jeder eindeutigen Lesbarkeit. Der Begriff „Konzeptuelle Poesie“ umfasst und beschreibt die verschiedenen Arbeiten der Ausstellung am besten.

Ausgangspunkt der Ausstellung sind die sieben Stützen als tragende Elemente der Architektur. Die vier Pfeiler im zentralen Raum sind Träger einer verschlüsselten Information aus Spiegeln, Neon und Glas. Jede Stütze wird von einem Buchstaben aus dem Morsecode umschlossen.

Ausstellungsansicht „BRIGITTE KOWANZ. ISTR“, 29.04. – 24.07.22, Schlossmuseum Linz Foto: Michael Maritsch © STUDIO BRIGITTE KOWANZ / Bildrecht Wien, 2022

Die vier Buchstaben „ISTR“ stehen als Akronym für „I seem to recall“. Akronyme Abkürzungen, die sich aus Anfangsbuchstaben von Wörtern zusammensetzen sind insbesondere in den letzten Schaffensjahren für die Künstlerin wichtig geworden. Dahinter steht die Fragestellung: „Wie verkürzt sich Sprache durch die Beschleunigung der Welt?“ ISTR knüpft an die Beschäftigung der Künstlerin mit Informationsübertragung via Lichtgeschwindigkeit und Morsezeichen an. Das Unsichtbare wird sichtbar und das Sichtbare verschlüsselt.

Licht als Basis von Kommunikation thematisieren die Arbeiten „Relations“ und “Email 02.08.1984 03.08.1984“. Letztere ist eine Referenz an das erste E-Mail, das in Deutschland angekommen ist. Das Datum des Versendens erscheint auf einem iPad als Lichtsignal und akustisches Signal. Das Kabel, eine Reminiszenz an Neonröhren, bildet eine geschwungene Zeichnung mit dem gleichen Datum in ausgeschriebenem Morsecode.

Weiter lesen Sie in der PARNASS Ausgabe 02/2022.

ISTR“, 29.04. – 24.07.22, Schlossmuseum Linz Foto: Michael Maritsch © STUDIO BRIGITTE KOWANZ / Bildrecht Wien, 2022

Schlossmuseum Linz

Schlossberg 1, 4010 Linz
Österreich

Brigitte Kowanz
ISTR

bis 24. Juli 2022

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