7 Künstler:innen, die das Licht beherrschen

Lichtkunst war seit jeher ein Experimentierfeld, in dem technische und naturwissenschaftliche Erkenntnisse genutzt wurden, von der Arbeit mit Leuchtschrift bis zur Schaffung von atmosphärischen Räumen und der Verbindung von Klang und Licht (wie beim Festival KLANGLICHT in Graz). Ein Crossover zu anderen Disziplinen wie Musik, Performance und Skulptur ist dabei stets Teil der künstlerischen Praxis. Lichtkunst hat eine immense Anziehungskraft. Sie kann poetisch, provokant, emotional und politisch sein – und interaktiv. Licht zu meistern ist nicht einfach, doch gezielt eingesetzt – wie bei diesen künstlerischen Positionen – entfaltet es eine enorme Wirkungskraft.
BRIGITTE KOWANZ
LIGHT IS WHAT WE SEE | Albertina Wien, bis 09.11.2025
„Als Lichtkünstlerin wollte Brigitte definitiv nicht gesehen werden, das war ihr zu eng. Sie trennte die Bereiche nicht: Sie verstand sich als Künstlerin. Eine solche Präfix-artige Markierung halte ich auch für eine Verkürzung, die viele Aspekte ihres Werkes ausklammert“, betont Kowanz’ Sohn Adrian, der die große Überblicksschau in der Albertina mitkuratierte. Die Ausstellung bestätigt ihn: In jedem Werk zeigt sich die Pionierarbeit einer Künstlerin, die Licht, Raum und Sprache zu verbinden und das Virtuelle ins Reale zu bringen wusste. „Licht war für Kowanz Material, Energie und Lebensquelle; sie sagte, es sei ein universeller Code“, erinnert sich Mitkuratorin Angela Stief.
Das Werk durchzieht ein philosophischer und medientheoretischer Unterbau. Die Verwendung des Morsecodes als Übersetzungstool zwischen Sprache und Licht verweise wiederum „auf Kowanz’ strukturalistisches Verständnis der Sprache in der Tradition der französischen Philosophie.“ Neben dem theoretischen Aspekt des Werks sticht jener der unmittelbaren Zugänglichkeit heraus. Digital Natives werden ihre Freude an einer Schau haben, die ihre Welt in Licht aufzeichnet. Arbeiten wie „www 12.03.1989 06.08.1991“ codieren die historischen Daten, an denen das Internet der Welt präsentiert und öffentlich zugänglich gemacht wurde; „Email 02.08.1984 03.08.1984“ erinnert an das Datum der ersten übermittelten Nachricht. Kowanz, Trägerin des Großen Österreichischen Staatspreises für Bildende Kunst, hatte die telekommunikativen Entwicklungen und deren weitreichende Auswirkungen stets im Blick. Weiterlesen in unserer Herbstausgabe PARNASS 03/2025.
MALVINA PANAGIOTIDI
Eine Entdeckung auf der heurigen Art Basel war das Werk Malvina Panagiotidis (*1985 Athen) am Stand von The Breeder. Inmitten des Trubels brannten ihre Wachs-Arbeiten der Serie "It was almost time for lunch": surreale Objekte voller okkulter Mystik und sexueller Energie. Die Skulpturen bestehen aus Stapeln von Alltagsobjekten und persönlichen Gegenständen sowie aus Zeitrahmen, die zwischen Wertvollem und Nutzlosem changieren", erklärt die Künstlerin. "Während sie verbrennen, verschmelzen alle Gegenstände und ihre unterschiedlichen chronologischen Ursprünge und lösen sich wie Erinnerungen auf", beschreibt sie diese Arbeiten, die in ähnlicher Art seit 2018 entstehen. Das Kerzenlicht und seine Kraft, Zustände und Atmosphären zu verändern, ist bei Panagiotidi immer nur ein Aspekt unter zahlreichen. In einer komplex angelegten Ausstellung im EMΣT in Athen 2024 verwandelte sie den Ausstellungsraum in eine Gesamtinstallation aus Glas-, Wachsund Bronzeskulpturen, die mit Klangund Videoarbeiten in Dialog traten.
TIPP!
Im Light Art Museum Budapest, kurz LAM, verbinden sich Lichtkunst, Technologie und Geschichte zu einer neuen Museumserfahrung. Untergebracht in einer ehemaligen Markthalle im Herzen von Budapest, zählt es schon jetzt zu den aufregendsten neuen Museumsgründungen Europas. Ein Muss für den Kultur-Reiseplan!
CHRISTIAN HERDEG
"Meine Leidenschaft für das Licht ist seit meiner Kindheit ungebrochen und meine Experimentierfreude ist präsenter als je zuvor", so der Schweizer Pionier der Lichtkunst Christian Herdeg (*1942, Zürich), 2025, anlässlich seiner Retrospektive in der Salzburger Galerie Nikolaus Ruzicska. Herdeg ist ausgebildeter Fotograf, Kameramann und Beleuchter und arbeitete in Europa und Kanada als Dokumentarfilmer und Reportagefotograf. In Kanada begann er auch, mit Leuchtstoffröhren und Edelgaslicht zu experimentieren und mit Glühlampen zu arbeiten. Zurück in der Schweiz setzte er sich konsequent und als einer der ersten in der Schweizer Kunstszene mit dem Medium Licht auseinander. Von Anfang an interessierte ihn die Verbindung zwischen Fläche und Licht, und so entstanden nach ersten Werken in der Ästhetik der Pop-Art ab 1973 Objekte in einer bis heute für sein OEuvre charakteristischen, geometrisch reduzierten Formensprache: filigrane Lichtstäbe, die Flächen umschreiben oder ihnen vorgelagert sind, oft in Verbindung mit anderen Materialien wie Aluminium, Acrylglas, Holz und Gummi.

Christian Herdeg, Circle and Square, 2009, Argonröhre, Gouache auf MDF, Unikat + 1 AP, 118 x 118 x 0 Ø 120 cm / 46 1/2 x 46 1/2 x Ø 47 1/4 in, Courtesy Galerie Nikolaus Ruzicska and the artist.
INGE DICK
"Licht – Fenster – Quadrat" – ist ein beeindruckendes Beispiel für das Anliegen von Inge Dick (*1941 Wien), die Bewegung des Lichts im Raum darzustellen. Das malerische, fotografische und filmische Sichtbarmachen von Licht und Lichtfarbe ist das künstlerische Lebensthema der Künstlerin. Wie viele ihrer Arbeiten entstand auch diese in ihrem Atelier am Mondsee. Die Kamera stand dabei unverändert an einer Stelle im Raum und dokumentierte kontinuierlich die Veränderungen des Lichteinfalls im Tagesverlauf und hält diesen eindrucksvoll in der Serie von Schwarzweißbildern fest. Monochromie sowie die Erkundung der Möglichkeiten der Farben Schwarz und Weiß ist ein kontinuierliches Thema in ihrer Arbeit. In anderen Werken dieses Gesamtzyklus eröffnet sich hingegen ein breites Spektrum an Farbnuancen, das Licht in seiner veränderlichen Erscheinungsform sichtbar macht. Inge Dick zählt zu den Pionierinnen der österreichischen Lichtkunst und der konkreten, geometrisch-abstrakten Fotografie, indem sie Licht, Zeit und Wahrnehmung auf minimalistische, nahezu wissenschaftliche Weise erforscht. Diesen Herbst zeigte die Galerie Sturm & Schober eine Einzelausstellung der Künstlerin mit dem Fokus auf Polaroid-Arbeiten und Schwarzweißfotografien. Dick setzte sich vom Beginn der 1980er-Jahre an mit der Technik des Polaroids auseinander. Den Höhepunkt dieser Entwicklung markierte 1999 ihre Arbeit mit der weltweit größten Polaroidkamera in Boston.

Inge Dick, Licht-Fenster-Quadrat, 2012, 35 Fotoarbeiten, Ilfochrome auf Hahnemühle | Foto: by the artist, Courtesy Galerie Sturm&Schober, Bildrecht, Wien 2025
RAPHAELA RIEPL
Zwischen technischer Präzision und den Spuren von intuitiver Handarbeit bewegen sich die Leuchtobjekte von Raphaela Riepl (*1985 Linz). Ursprünglich kommt die Künstlerin von der Zeichnung, sie begleitet ihre Installationen und Objekte bis heute mit Skizzen und Aquarellen. Doch fünf prägende Jahre in New York haben eine Faszination für Neonlicht ausgelöst und ihre künstlerische Praxis in den Raum erweitert. Riepl spielt mit dem immateriellen Erleben von Kunst, das sich aus atmosphärischem Einsatz der Materie Licht aufbaut. Zum Licht gesellen sich Textilien, Glas und mehr. Ihr Stil ist spielerisch, organisch und in Bewegung, so wie sie selbst. Inzwischen lebt Riepl wieder in Wien und wird in Österreich durch die Galerie3 sowie die Galerie Sophia Vonier vertreten.
MIRIAM HAMANN
Miriam Hamanns (*1986 Wels) Objekte und Installationen wirken auf den ersten Blick reduziert minimalistisch. Formal sind sie das auch, doch hinter ihnen verbergen sich sehr umfassende Fragestellungen und Konzepte. Wie strukturieren Licht, Linie und Wissen unsere Wahrnehmung? Hamann, die TransArts an der Universität für angewandte Kunst Wien studierte, interessiert sich für naturwissenschaftliche Hintergründe – Mathematik, Geometrie, Planetologie, Chronologie. "Welche Konstrukte haben wir uns auferlegt und was passiert, wenn Systeme kippen?", fragte die Künstlerin im Gespräch mit PARNASS in ihrer Ausstellung bei Viktor Bucher Anfang 2025. Für ihre Untersuchungen dient oft die Neonröhre als Instrument. Doch manche ihrer Lichtstudien kommen auch ohne eigene Lichtquelle aus, etwa wenn sie beispielhaft untersucht, wie schwarzer UV-Druck auf Aluminium das Licht der Umgebung reflektiert oder verschluckt. Sehen konnte man das Werk von Miriam Hamann diesen Herbst auch im Rahmen der Lichtstadt Feldkirch. Denn Hamann ist eine von drei Preisträger:innen des von der Lichtstadt Feldkirch gemeinsam mit Porsche Österreich iniitierten Awards "Porsche Headlights". Der Open Call richtete sich an österreichische Lichtkünstler:innen und suchte Projekte, die das Thema "Mobilität & Geschwindigkeit" in Lichtkunst umsetzen.

Miriam Hamann, Swiftly and silently doing its work, Lichtstadt Feldkirch 2025, Foto: Günter Richard Wett
MARTINA TRITTHART
Die Medienkünstlerin Martina Tritthart (*1965 Graz) ist Filmemacherin und Kuratorin an der Schnittstelle zwischen bildender Kunst, Bewegtbild und Architektur. Lichträume standen auch im Zentrum ihrer Dissertation "Lichträume – Raummodelle der Wahrnehmung" an der Technischen Universität Graz und Licht als raumgreifendes Medium prägt auch ihre ortsspezifischen Arbeiten. Für KLANGLICHT 2023 gestaltete sie im Torbogen am Fuße des Schlossbergs die interaktive Lichtinstallation "Shadow whispers", in der sie Licht mit dem Klang von Tierlauten verband – nachtaktive Amphibien, Insekten und Eulen. Durch die Bewegung der Passant:innen wurde das Projekt in einem Zusammenspiel von Farbe, Licht, Schatten und Klang laufend verändert. Die Kunstinstallation wurde zum Experimentierfeld und zum sinnlichen Erlebnis, das verschiedene Wahrnehmungsebenen ansprach und zum Nachdenken über das Verhältnis von Mensch und Natur anregte.

Martina Tritthart, RED, Sehsaal, 2023, © Martina Tritthart














