20 Jahre Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film

Die Welt schwenkt gerade um auf digital, als Friedl Kubelka / vom Gröller 2006 eine Institution gründet, die sich ganz dem analogen Filmemachen verschreibt. Zwei Jahrzehnte später feiert die „Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film“ ihr Jubiläum im Österreichischen Filmmuseum. Ein Anlass, gemeinsam mit dem künstlerischen Leiter Philipp Fleischmann einen Blick ins Programm zu werfen.
Ein Geflecht der Möglichkeiten
Eröffnet wird am 20. November mit Friedl vom Gröllers 16mm-Arbeit „Dreyer's Zitat" – eine Hommage an Carl Theodor Dreyer, die sich dem Prinzip der Mundpropaganda widmet. Stille Post als filmische Methode und poetische Metapher für eine Schule, die lange als Geheimtipp zirkulierte.
Heute kuratiert Philipp Fleischmann das Jubiläumsprogramm auf Basis eines dichten, genre- und generationenübergreifenden Netzwerks. Filme ehemaliger Lehrender – von Kenneth Anger, Tacita Dean, Ruth Beckermann, Rosa Barba und Bruce LaBruce – treten darin in Dialog mit Werken von Absolvent:innen. Unter ihnen sind prägende Stimmen des jungen österreichischen Films, etwa Antoinette Zwirchmayr und Olga Kosanović.

Bruce LaBruce, Boy/Girl, 15 min, 1987, still, Courtesy Bruce LaBruce
Ungestörte Aufmerksamkeit
Was alle gezeigten Positionen verbindet, ist – so Fleischmann – „der dringende Drang, sich zu äußern". Doch wer sich für den analogen Film entscheidet, begegnet einer anderen Zeitlichkeit. Super 8 und 16mm verlangen vor allem Geduld. Der Programmfilm „The Green Ray" von Tacita Dean wird dafür zum Sinnbild. In seinem Zentrum steht die Suche nach einem flüchtigen Naturphänomen, dem grünen Lichtstrahl, der bei Sonnenauf- oder -untergang am Horizont aufflackert. Der Film zeigt kaum Spektakuläres, aber viel über Ausdauer und Hingabe.
Beharrlichkeit durchzieht auch den Alltag an der Schule, denn die Studierenden durchlaufen in kurzer Zeit alle Phasen der Produktion: von Drehbuch und Kamera, Regie und Entwicklung bis hin zu Schnitt und Projektion.
Ich versuche mit der Schule einen Ort zu schaffen, an dem wir uns acht Monate lang von gesellschaftlichen und kunstbetrieblichen Erwartungen abwenden – kein Ausstellen, kein Vernetzen, keine Sichtbarkeit. Unsere volle Aufmerksamkeit gilt dem oft mühsamen Prozess der eigenen künstlerischen Entwicklung. Ein kleiner, temporärer Luxus.

Philipp Fleischmann, Film Sculpture (7), 16mm, 2023, Loop, Courtesy Philipp Fleischmann © Bildrecht, Wien 2025
Der intensive Materialkontakt gerät rasch zur Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung, wird zu einer Art Selbstvermessung mit der Kamera. Philipp Fleischmann beschreibt seinen Lehrstil als „liebevolle Zange", die offen ist für das Unerwartete und zugleich strukturiert genug, um Orientierung zu geben – eine Methode, die Reibung nicht scheut. Sie gründet in seiner eigenen Erfahrung als freischaffender Künstler und trägt jenen Impuls weiter, den Friedl vom Gröller der Schule von Beginn an eingeschrieben hat: Unabhängigkeit.
Unabhängigkeit meint hier nicht nur die Distanz zu Konventionen, sondern die bewusste Übernahme von Verantwortung – für das eigene Tun und für die Bilder, die man von der Welt entwirft. Filme, die in diesem Kontext entstehen, müssen keine Normen sprengen, aber sie stellen diese infrage. So auch die Testrolle zum Spielfilm „BEATRIX" von Milena Czernovsky und Lilith Kraxner, Letztere eine Absolventin der Schule. Das Rohmaterial verhandelt die eigene Unsicherheit nicht als Mangel, sondern als Voraussetzung für Lebendigkeit. Wer verstehen will, wie an der Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film gedacht und gearbeitet wird, „BEATRIX" kommt der Sache sehr nahe.

Milena Czernovsky und Lilith Kraxner, Beatrix, DCP (von 16mm), 95 min, 2021, film still, Courtesy Milena Czernovsky und Lilith Kraxner
von-bis-Bandbreite
Das Jubiläumsprogramm versammelt nicht weniger als 58 Positionen: Miniaturen, Experimentalformate und industriellere Produktionen. Entstanden ist ein Panorama zwischen künstlerischer Freiheit, ökonomischen Realitäten und gesellschaftlichen Widersprüchen. Denn auch die sogenannte unabhängige Szene ist keineswegs frei von Konventionen.
Folglich überrascht das Programm mit Ambivalenzen und offenen Konstellationen. Wie Tacita Deans grüner Lichtstrahl ist es ebenso nur kurz sichtbar – an einem Wochenende –, wird aber lange nachleuchten.

Tacita Dean, The Green Ray, 16mm, 3 min, 2001, film still, Courtesy Tacita Dean
20 Jahre Schule Friedl Kubelka für unabhängigen Film
20. – 21.11.2025
Österreichisches Filmmuseum
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Schule Friedl Kubekla für unabhängigen Film
Leitung: Philipp Fleischmann
Team: Sophie Lux, Magdalena Pfeifer, Melisande Seebald, Simon Dallaserra
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