Wieviel Frieze geht an einem Tag?

Frieze London brummt – aber heuer brummen nur vier Galerien aus Österreich mit: Gianni Manhatten, Sophie Tappeiner, Krinzinger und Ropac. Die Stimmung ist geschäftig, das Publikum interessiert und die Galeristen generell optimistisch.
Kunst aus der kreidezeit
Den Morgen widme ich der Frieze Masters – stets eine Freude, weil einem Museum mit Preisschildern vergleichbar. Hier werden Werke verkauft, die vor 2000 entstanden sind. Die Spanne reicht also von einem 68 Millionen Jahre alten Triceratops Schädel (bei David Aaron, London; bereits für 650.000 Pfund verkauft) bis hin zu den Joke Paintings von Richard Prince (Skarstedt, New York).
Neu ist, dass einige Galerien ihre älteren Schätze mit zeitgenössischen Werken kombinieren, um auch ein jüngeres Publikum zu begeistern. Das war etwa der Fall bei Hauser & Wirth, wo der gerade sehr angesagte Schweizer Künstler Nicolas Party Werke von Félix Valloton oder Ferdinand Hodler mit Eigenem mischt. Gagosian schlägt in dieselbe Kerbe und zeigt Glenn Brown in Konversation mit wunderbaren Arbeiten aus vergangenen Jahrhunderten, was dem Werk des Briten jedoch nicht unbedingt gut tut.

David Aaron, Frieze Masters 2025. Photo by Hugo Glendinning. Courtesy of Frieze
Die Pace Gallery wiederum entschied sich für starke Fotografien von Peter Hujar, der die schwule New Yorker Szene der 1970er und 1980er Jahre einfing (einige Stück waren bereits im Bereich von 25.000 bis 45.000 Dollar verkauft).
In der Studio Sektion zeigt Stephen Friedman Gallery sechs neue, farbenprächtige Gemälde der 1949 geborenen Engländerin Anne Rothenstein, die bereits für zwischen 40.000 und 75.000 Pfund verkauft waren.
Skulptur, leite den Weg!
Doch die Zeit drängt, und Luft geschnappt wird bei einem flotten Spaziergang durch den herbstlichen Regent’s Park zum zeitgenössischen Pavillon, quer durch den Skulpturenpark, der im Rahmen der Messe stattfindet. Dieser hat zum ersten Mal ein übergeordnetes Thema: „In the shadows“. Es soll um Schatten als Idee und als physisches Phänomen, um ökologische Abwesenheit, Spuren unserer Ahnen, körperliche Abdrücke und skupturale Metaphern“ gehen – was in der Aussendung etwas sperrig klingt, erweist sich als interessanter Parcours; von dem „König der Bergs“ der indigenen Amerikanerin Jaune Quick-to-See Smith bis hin zu einem überlangen, blauen „Geist“ von Erwin Wurm, von der Holzskulptur Henrique Oliveiras‘ bis hin zu dem metallischen Bonsai von Timur Si-Qin.
Apropos Pflanzen
Auf die Frieze nehmen Blumen einen großen Platz ein – viele Galerien zeigen Skulpturen, Gemälde, Collagen oder Zeichnungen, die sich mit der Natur auseinandersetzen. Man denke nur an die übergroßen Blüten von Petrit Halilaj und Alvaro Urbano (Chert Lüdde, Berlin), den pastos gemalten Strauß von Georgina Gratrix (Stevenson, Kapstadt), den dynamischen „Garten von Babel“ von Keith Tyson (Hauser & Wirth, Zürich) oder die Bronze „Coeur de Marie“, die zwei zusammenwachsende Blumen darstellt, jede die Hälfte eines Herzens ausdrückend (White Cube, London).
Die Künstler Allora & Calzadilla verteilen kleine, handbemalte Blüten auf dem Boden ihrer Galerie (Lisson, London), die Themen von Biodiversität und kolonialistischer Ausbeutung aufwerfend.
Bei der Londoner Galerie Sadie Coles HQ hängen Blumengirlanden von der Decke: T.A.U.B.I.S (The Triumphant Alliance of the Ubiquitous Blossoms of Incarnate Souls) ist eine Arbeit, die die junge Kanadierin mit jamaikanischen Wurzeln während der Pandemie begann.

White Cube, Frieze London 2025. Photo by Linda Nylind. Courtesy of Frieze
Zwei Lilien von Alex Katz ziehen viele Blicke auf sich (Ropac, Salzburg), wie auch die „elektrisierte“ Amaryllis von Vibeke Mascini, ein Objekt, in dem sich „Vitalität und Infrastruktur treffen“, so die Galerie (Proyectos Ultravioleta, Guatemala City). Eye Candy ist auch eine auf zwei antikisierten Köpfen sprießende rosafarbene Blätterskulptur von Léo Fourdrinier (Casado Santapau, Madrid). Dahinter hängt eine Textilarbeit von Claudia Wieder, die uns zu meiner zweiten Beobachtung bringt:
Textiles scheint hoch im Kurs zu stehen
So waren etwa ein Großteil der Arbeiten der nordargentinischen Künstlergemeinschaft Claudia Alarcón & Silät bereits am ersten Tag verkauft (Cecilia Brunson Projects, London), und Wandbehänge von Grayson Perry, in denen er Phänomene des Alltags kommentiert (wie etwa in „Fascist swing“ bei Victoria Miro London) waren an mehreren Galerieständen zu sehen. Ein weniger bunter, aber ebenso beeindruckender Jacquard ist jener der Irin Ailbhe Ni Bhriain (Kerlin, Dublin). Schließlich bietet die Galerie Lisson einen märchenhaften, vier Meter langen Wandbehang von Otobong Nkanga auf der Außenwand ihrer Stands. Anders textil sind die Arbeiten von Do Ho Suh, dem gerade eine Schau in der Tate Modern gewidmet ist. Er stellt mit Fäden Alltagsgegenstände dar und definiert damit einen ganz eigenen Begriff von Heimat (Lehmann Maupin, New York).
Malerei ist nach wie vor stark vertreten, wunderbar etwa die drei Personen in „A Litte Romance“ von Kerry James Marshall (David Zwirner, New York), George Rouys großformatiges, zerfließende Körper zeigendes Gemälde Desireline II (bereits verkauft um 275.000 Pfund, Hauser & Wirth, Zürich) oder Vanessa Raws Aktmalerei, die vom Arts Council Frieze Acquisitions Fund angekauft wurde (Carl Freedman, Margate).

David Zwirner, Frieze London 2025. Photo by Linda Nylind. Courtesy of Frieze
Ein persönlicher Favorit?
In der jungen Fokus Sektion sticht für mich die Arbeit von Toby Cato Grant heraus. Es sind Collagen, in denen er Einblicke in das Heim einer fiktiven karibischen Familie in England gibt; Sofa und Fernseher am Stand inklusive (Harlesden High Street, London). Der Künstler und Musiker geht hier der Suche nach Heimat und der schwarzen Kultur in London nach, in einer gedämpften Tonalität, die in diesem Kontext umso spannender wirkt.

















