Was bedeuten Trumps Zölle für die Kunst?

Handelskriege verändern die globale Kunstszene. Zölle, Unsicherheit und Stillstand bremsen Galeristen und Speditionen zwischen USA, China und Europa plötzlich aus.
Wenn Kunst zur Geisel der Politik wird, geraten selbst die bestgeölten Zahnräder des globalen Kunstbetriebs ins Stottern. Die jüngsten Zollmaßnahmen zwischen den USA, China und anderen Staaten – maßgeblich angestoßen unter Donald Trumps Präsidentschaft – treffen nicht nur Industriegüter, sondern auch ein Gut, das gemeinhin als „grenzenlos“ gilt: die Kunst.
Thaddaeus Ropac, internationaler Galerist mit Dependancen in Paris, London und Salzburg, erlebt die Folgen hautnah: „Für uns ist China ein enorm wichtiger Markt. Der ist für amerikanische Kunst jedoch komplett zum Stillstand gekommen.“ US-amerikanische Positionen wie Robert Rauschenberg, James Rosenquist oder Alex Katz seien kaum noch vermittelbar: „Wenn wir die amerikanische Kunst mit aktuell 125 Prozent Zollgebühren nach China einführen, wird das völlig absurd.“ Der Preisaufschlag mache jeden Verkauf zur Farce. Sammler:innen winken ab.

Paper Positions, Wien 2024, Foto: Clara Wenzel-Theiler
Wir schicken im Moment eigentlich nichts in die USA, weil kaum jemand das Zollchaos durchblickt.
Traditionell waren Kunstwerke – insbesondere solche, die unter die Kategorie „informational materials“ fallen – von US-Zöllen ausgenommen. Grundlage dafür war das First Amendment, das die freie Verbreitung von Informationen schützt. Unter Präsident Donald Trump jedoch wurden umfassende Zölle eingeführt, die auch den Kunsthandel treffen. Besonders chinesische Importe sind betroffen, mit Aufschlägen von bis zu 145 Prozent. Umgekehrt ist es ebenfalls schwierig: Auch chinesische Kunst kommt nur noch erschwert in die USA.
Zwar betrifft das Ropac persönlich nur punktuell – „mit zwei Künstlern, die wir auch in Amerika zeigen“ – doch der Flurschaden für das Vertrauen in den Markt sei enorm. „Die Unsicherheit ist immer der größte Faktor“, betont Ropac. Selbst in wirtschaftlich stabilen Phasen könne eine schwankende Stimmungslage Investitionsbereitschaft lähmen. Kunst, so sein Fazit, „kann sich dem nicht entziehen“.

Thaddaeus Ropac, Foto: Romain Duquesne, Courtesy Thaddaeus Ropac
Auch bei Birgit Vikas, CEO der Kunstspedition Kunsttrans, ist die Nervosität des Marktes greifbar: „Wir schicken im Moment eigentlich nichts in die USA, weil kaum jemand das Zollchaos durchblickt.“ Stattdessen werden Kunstwerke in europäischen Zollfreilagern geparkt. Dauerzustand? Offen. Das eigentliche Problem sei aber nicht die Höhe der Zölle allein, sondern deren Intransparenz: „Es ist von Seiten der USA noch nicht geklärt, zu welcher Warengruppe die Kunst eigentlich zählt“, betont Vikas. Hängt es vom Entstehungsort ab? Vom Wohnsitz des Künstlers? Vom Stil?
Für uns ist China ein enorm wichtiger Markt. Der ist für amerikanische Kunst jedoch komplett zum Stillstand gekommen.
Für viele Sammler:innen ist das zu riskant. Gerade jene, die nicht für ein Depot kaufen, sondern für die eigenen vier Wände, zögern, bemerkt Thaddaeus Ropac: „Viele, die im etwa in der Wirtschaft aktiv und direkt von diesen Turbulenzen betroffen sind, haben einfach keinen freien Kopf, um sich mit Kunst zu beschäftigen.“ Doch auch Galeristen, die sich auf eine Messe wie die Art Basel Miami vorbereiten, müssen mit spitzem Bleistift rechnen. „Solche Beteiligungen kosten ein Vermögen. Ob es da Sinn macht, Kunstwerke rüberzuschicken, wenn man sie vor Ort nicht verkaufen kann, bleibt fraglich“, meint Vikas.
Selbst kurzfristige Schlupflöcher – etwa temporäre Einfuhren für Ausstellungen oder Messen – ändern wenig an der grundsätzlichen Unsicherheit. Die Folge: Verkäufe in die USA stocken, Transportketten werden verschoben oder gleich eingefroren. „Wir haben in unserem Zollfreilager Kunstwerke deponiert, die eigentlich schon seit drei Wochen nach Amerika gehen hätten sollen“, sagt Vikas.
Der Effekt: weniger Verkäufe für die Händler:innen bei gleichbleibendem Arbeitsaufwand. „Wir organisieren die Ausstellungen genauso wie geplant“, erklärt Ropac. Doch die Luft werde dünner. Sollte sich der Zollstreit zu einer globalen Rezession auswachsen, „dann wird das eine ähnliche Krise wie 2008 bei der Lehman/Brothers-Pleite“, warnt er. Damals brauchte es über ein Jahr, bis sich der Kunstmarkt erholte.
Dass der Markt in Wellen verläuft, ist Ropac bewusst: „Es kann eben nicht immer nur nach oben gehen.“ Doch diesmal ist es mehr als ein konjunktureller Schluckauf: Es geht um Systemfragen – um Vertrauen, Freihandel und verlässliche Regeln. Denn eine Kunstwelt, die nicht weiß, ob sie morgen noch exportieren darf, verliert nicht nur Werke, sondern auch ihre Offenheit. Denn Globalisierung ist keine Einbahnstraße. Wenn Mauern wachsen, bleibt auch die Kunst nicht unberührt.

Birgit Vikas, Foto: Daniel Ingold, © Kunsttrans