So läuft es in Basel
Die Erwartungshaltungen der Galerien wurden bewusst heruntergeschraubt. Die Verkaufszahlen der vergangenen Monate im internationalen Kunsthandel und bei Auktionen waren verhalten und alles andere als zufriedenstellend.
Daher wurden die Art Basel und ihre Satellitenmessen mit besonderer Spannung erwartet. Und die ersten Messetage sorgten für einige positive Überraschungen – jedoch auch für Enttäuschungen.
Um für die angespannte – wirtschaftliche – Lage am globalen Kunstmarkt Erklärungen zu finden, werden die unterschiedlichsten, teilweise recht grotesken Argumente ins Treffen geführt: Selbstverständlich landen die kriegerischen Auseinandersetzungen und die noch nicht überwundene Inflation auf den Spitzenplätzen. Danach folgen die Diskussionen über die KI in der Kunstwelt und inwieweit sie das künstlerische Schaffen und damit den Markt beeinflussen wird. Und – speziell in Europa – die weit auseinanderdriftenden Mehrwertsteuersätze auf Kunstwerke. So manche deutschen Galerien verorten ihre verkaufstechnische Mesalliance darin, dass Sammlerinnen und Sammler im Moment nicht investieren, weil sie bis Anfang Januar 2025 abwarten würden. Denn da sinkt der Steuersatz von 19 auf sieben Prozent. Ein Argument, dass sich nur schwer verifizieren lässt. Einen Verkaufstrend, der sich seit einiger Zeit hingegen ablesen lässt, ist jener, der sich gegen die »Herrschaft« der alten weißen Männer in der zeitgenössischen Kunst richtet: Nicht wenige Galerien haben damit zu kämpfen, dass sich der Markt stark in Richtung aktueller afrikanischer und queerer Kunst bewegt. Wobei es hier erhebliche Probleme in der Definition der Qualitätsstandards gibt – aber es verkauft sich gut.
Aber jetzt an den Schauplatz: Wie konnte sich die Art Basel in den ersten Tagen der Kunstmesse behaupten?
Malerei: sehr teuer geht immer!
Vergangenen Dienstag, der Tag der Basel-Preview hat es sich wieder einmal bewiesen, dass sich »überdimensional teuer« gut verkauft: Die beiden Kunstmagnaten Ivan Wirth und David Zwirner vermeldeten erfreut Verkäufe von Joan Mitchell und Arshile Gorky. Mitchells »Sunflowers« bei Zwirner ging für zwanzig Millionen US-Dollar, Arshile Gorkys »Untitled (Gray Drawing)« bei Hauser & Wirth ging für 16 Millionen US-Dollar an Sammlungen.
Es klingt jedoch etwas befremdlich, wenn gerade diese Art-Tycoons nach solchen Verkäufen in Interviews, das Ende der Krise ausrufen. Denn Kunstmarkt-Analysen zeigen eindeutig, dass »sehr teuer« immer geht. Die Kaufkraft dieser Käuferschicht wird nur in seltenen Fällen durch »normalsterbliche« Krisen in Mitleidenschaft gezogen.
Nebenbei sei daran erinnert, dass es David Zwirner gewesen ist, der prominent vor einigen Jahren dafür plädiert hat, die Kosten der Messestände auf der Art Basel für kleinere, mittlere und junge Galerien zu senken. Den dadurch zu erwartenden Umsatzverlust der MCH (»Messe Schweiz«) sollten die »Big Player« wie Gagosian, Zwirner, Hauser & Wirth, Nahmad oder Pace mit für sie erhöhten Standpreisen ausgleichen. Wie weit dieser Solidaritätsvorstoß realisiert wurde, ist nicht bekannt. Seit damals herrscht diesbezüglich eher Schweigen im Walde.
So performt die Art Basel
Aber nun zur Performance der Art Basel 2024: Die Stimmung unter den 258 Ausstellern war nach den ersten beiden Tagen nicht euphorisch, aber gut. Bei zahlreichen Gesprächen mit Galeristinnen und Galeristen lag der Grundtenor bei oft langen Gesprächen mit Sammlern, die letztendlich in Verkäufen endeten: Thaddäus Ropac war unter anderen mit Robert Rauschenberg (»Market Altar« für 3,8 Millionen US-Dollar), Baselitz (»St. Anna vereinigt Feld« für 1,8 Millionen Euro) oder Martha Jungwirth (Großformat aus der Serie »Edouard Manet, Der Spargel« für 440.000 Euro) überaus erfolgreich. Sein Preview-Tagesumsatz (währungsbereinigt) belief sich bei etwa 20 Millionen Euro.
Etwas kleinere Brötchen – nichtsdestotrotz erfolgreich – wurden bei Skarstedt gebacken: Hier präsentierte man einen großformatigen Martin Kippenberger aus dem Jahr 1993 für 1,4 Millionen Euro.
Bei Martin Janda stießen Arbeiten von Svenja Deininger (imposantes Großformat für 86.000 Euro), Erwin Bohatsch (32.000 Euro) oder der »Schlüsselbund« von Roman Ondak (46.000 Euro) auf reges Sammlerinteresse. Rosemarie Schwarzwälder konnte am ersten Tag mit einer Leinwand von Katharina Grosse und einer wunderbaren Skulptur von Sonia Leimer (13.000 Euro) punkten. Die neuen Arbeiten von Imi Knoebel (177.000 Euro), dem die aktuelle Ausstellung in der Wiener Galerie gewidmet ist, führen zu heftigen Diskussionen: Ein Sammler beschrieb sie liebevoll-kritisch, klassisch wienerisch als »verwordagelt«. Gregor Podnar hat mit der rumänischen Künstlerin Marieta Chirulescu eine wunderbar zarte, reduzierte Position in seinem Portfolio, die es näher zu entdecken gilt (Arbeiten zwischen 8.000 und 19.000 Euro). Ebenfalls sehr fein und vielschichtig sind die Werke aus Gaze, Reissäcken und Nähereien der angolanischen Künstlerin Ana Silva bei A Gentil Carioca (Preise liegen zwischen 12.000 und 22.000 US-Dollar).
Und der Wiener Galerie Felix Gaudlitz kann gratuliert werden: Bei ihrem ersten, recht mutigem Antreten in Basel unter den Art Statements mit der Videoinstallation »The Sojourn« von Tiffany Sia wurde die Künstlerin mit dem »Baloise Art Prize« ausgezeichnet. Neben dem Preisgeld von 31.000 Euro stehen Ankäufe von Arbeiten Sias für das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt und dem Mudam in Luxemburg auf dem Programm.
Blindflug der Satelliten
Die Satellitenmesse LISTE Basel befindet sich seit einigen Jahren in einer tiefen Identitätskrise: Seit die Entdeckermesse das Wartburg-Areal verlassen hat, offenbaren sich qualitative wie inhaltliche Missstände. Im Messehallenumfeld nimmt das internationale Sammlerpublikum unmittelbar wahr, dass viele der ausgewählten Aussteller nicht den Kriterien junger, aufstrebender wie herausfordernder Galerien entsprechen, sondern einfach nur redundantes Mittelmaß präsentieren. Das ist schade, denn es verstellt den Blick auf tolle, eindrückliche Präsentationen wie jene von Wonnerth Dejaco (Premiere!) mit Thea Moeller (Preise zwischen 3.000 und 12.000 Euro) oder jene von Sophie Tappeiner mit Irina Lotarevich. Es steht zu hoffen, dass die am vergangenen Montag verkündete Neubesetzung der künstlerischen Leitung mit der Kuratorin Nikola Dietrich der doch prägenden Kunstmesse neuen Auftrieb und eine relevante Identität verleihen wird. Die Verantwortlichen sollten das veraltete Quotendenken, wie viele Galerien pro Land teilnehmen dürfen, über Bord werfen und Qualität in den Vordergrund stellen.
Bei der Volta Show ist die künstlerische Qualität leider weit hintangereiht: Hier zählt das Poppige, das Bunte und das Leichtverkäufliche. Bis auf ein paar Ausnahmen wie Heike Strelow mit Mathias Kessler (ab 7.000 Euro) und Hendrik Zimmer gibt’s wenig zu entdecken, das künstlerische Relevanz hätte. Aber der Künstler Yigal Ozeri liefert eine furiose, komödiantische Performance, wenn er versucht an zwei nebeneinanderliegenden Ständen (Ethan Cohen, Andreas Binder) gleichzeitig seine Arbeiten zu verkaufen.
Die angesagteste junge Kunstmesse in Basel ist mit Sicherheit die »June Art Fair«: In einem Bunker beheimatet, präsentieren 12 internationale Galerien wie Jacky Strenz, Pariser Kind, The Green Gallery oder Misako & Rosen meist spannende, originäre »cutting-edge« Kunst.