Kunst mit Wiener Charme
Vor einer Woche wurde der Art Vienna vorab eine schlimme Performance in Aussicht gestellt – als letzte von vier Kunstmessen innerhalb von zehn Tagen: Aber wunderbar sonnige Herbsttage und ein solides Angebot machen die Boutique-Messe im charmanten Architekturumfeld der Schönbrunner Orangerie plötzlich zu einem absoluten Besucherhit.
Es war der „Running Gag“ der ersten beiden Messetage: Die Messeleiterin Alexandra Graski-Hoffmann habe in der vergangenen Woche sicherlich alle Teller leergegessen, denn wie wäre es sonst möglich, dass nach der vorwöchigen Wetterkatastrophe, plötzlich mit der Preview der 5. Ausgabe der Art Vienna, herrlichster Sonnschein und angenehme Temperaturen zu verzeichnen waren? Ein Momentum, dass der übersichtlichen Kunstmesse in der Schönbrunner Orangerie selbstverständlich in die Hände spielt: Nach dem Flanieren durch die Präsentationen im sonnendurchfluteten Raum im Park über die gezeigte Kunst zu diskutieren, hat einfach einen ureigenen, originären Charme, den die anderen Kunstmessen nicht bieten können.
Ein Charme, der zum Beispiel bei der viennacontemporary in der Messe Wien so gar nicht vorhanden war: Einige Galeristinnen und Galeristen beklagten sich im Nachhinein, dass die Messe überhaupt nichts festlich-wienerisches an sich gehabt habe und dass der VIP-Bereich absolut fürchterlich gewesen sei, dass „man dort nicht einmal tot über dem Zaun hängen wolle“, wie ein Wiener Galerist es spitz ausgedrückt hat.
Natürlich war es für Alexandra Graski-Hoffmann in den Monaten vor der Messe alles andere als einfach, eine respektable Ausstellerliste zusammenzustellen. Die Konkurrenz hat im Staubsaugerprinzip viele kleinere wie mittlere Galerien und Kunsthändler mit Rabatten und Versprechungen abgeworben. Galerien und Händler, die normalerweise in diesem Umfeld zu finden gewesen wären. Daher treffen die Besucher unter den knapp zwanzig Ausstellern der Art Vienna auch auf solche mit einer eher schrägen Programmatik.
Wie es aber bei Kunstmessen ist, finden aufmerksame Besucher:innen auch in der Orangerie treffliche Werke: Wie die gelungene Gegenüberstellung von Arbeiten Rudolf Gössls und Franz Beers bei der Galerie Jünger, die heuer ihr 30-jähriges Jubiläum feiert (ein Porträt der Galerie wird demnächst im PARNASS „Auction & Fine Arts“ zu lesen sein). Im Schlossseiten Contemporary Corner gilt es die schwungvoll-humorvollen Tuschezeichnungen von Max Matuschka zu entdecken (Preise zwischen 500,- und 1000,- Euro). Bei L.art aus Salzburg können Interessierte die neue Stilistik der Künstlerin Albana Ejupi bewundern – Sand, Textilien, Acryl, Öl verarbeitet die junge Künstlerin aus dem Kosovo intensiv und dicht zu einem fast plastischen Kunstwerk (Preis 4500,- Euro). Sehr zart und fragil hingegen die Serie aus Fotografien mit zeichnerischen Elementen „Rocks – The Australian Journey“ von Regina Anzenberger in ihrer Galerie (Preise zwischen 650,- und 950,- Euro). Der Stand von Milaneum – Vintage Photography der großartig-manischen Forscherin Mila Palm lädt immer zu Entdeckungsreisen ein: Es ist wieder überraschend, was sie durch ihr Suchen ans Tageslicht bringt – wie spannende Arbeiten von Michael Neumüller (ab 600,- Euro). Giese & Schwieger kann bei Sammlern mit einem außergewöhnlichen Großformat von Robert Lettner (Preis 45.600,- Euro) und einer fabelhaften Kleinskulptur von Helmut Gsöllpointner (17.000,- Euro) punkten.
Als nuanciertes Zusatzkunstzuckerl bietet die Art Vienna noch die von Ema Kaiser kuratierte Ausstellung „F“ zu feministischer Kunst aus der Sammlung der „Gesellschaft der Freunde der Bildenden Künste“ an: Hier stechen unter anderen Arbeiten des Künstlerinnenkollektivs Iv Toshain & Anna Ceeh, ein Aquarell von Monica Kus-Picco, eine Fotografie von Tatiana Lecomte oder ein Kleinformat von Minda Andrén ins Auge.
Nebenbei beweisen die Art Vienna und die Parallel, die am Samstag und Sonntag „wiedereröffnet“, nachdem sie letzte Woche wegen des Wetters frühzeitig schließen musste, für Wien überraschende Flexibilität: Innerhalb kurzer Zeit haben die Organisatoren der Messen einen Shuttle-Service ins Leben gerufen. Somit werden Besucherinnen und Besucher per Bus zu den beiden umwerfenden Ausstellungslocations gebracht – von der Orangerie in Schönbrunn zum Otto-Wagner-Areal am Steinhof (und retour): Kein ausgemachter Wiener Tourismusprofi hätte ein besseres Angebot schmieden können!
Einblicke in die Art Vienna 2024
Art Vienna, Orangerie Schönbrunn
Parallel Kunstmesse, Otto-Wagner-Areal
beide bis Sonntag, 22. September 2024