Wie geht es dem Kunstmarkt?

Kampf um die Umsatzsteuer

Foto: SPARK 2024, © SPARK ART FAIR

Österreichs Kunstbranche schlägt Alarm und fordert eine Senkung der Umsatzsteuer auf Kunst. In Deutschland fällt die Steuer mit Jahresbeginn auf sieben Prozent. Für Österreich bedeutet das einen wesentlichen Wettbewerbsnachteil.


der Steuersatz von 13 Prozent zählt inzwischen zu den höchsten in der EU

Eva Komarek

Mitte Juli hat die Spartenvertretung des Kunst- und Antiquitätenhandels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) in einer öffentlichen Erklärung eindringlich vor einem „eklatanten Wettbewerbsnachteil für den österreichischen Kunsthandel im Vergleich zu anderen europäischen Ländern“ gewarnt und die Regierung aufgefordert, die Umsatzsteuer für den Verkauf von Kunstwerken zu senken, so wie es Frankreich und Deutschland bereits getan haben. Auch Martin Janda, Vorsitzender des österreichischen Galerienverbandes, warnt vor den negativen Auswirkungen auf den österreichischen Standort und befürchtet den Abfluss des Handels in Länder mit niedrigeren Steuersätzen. Denn der Steuersatz von 13 Prozent zählt inzwischen zu den höchsten in der EU. „Es gibt einen Kampf um die besten Marktstandorte und wenn noch weitere Länder in der EU die Steuern senken, dann haben wir in Österreich ein riesiges Problem“, befürchtet Janda.

 

Signal für den Kunstmarkt

Der Wettbewerb am Kunstmarkt ist hart, besonders in einer von geopolitischen und wirtschaftlichen Krisen verunsicherten Welt. Die steuerliche Attraktivität eines Marktplatzes hat wesentliche Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit. Das hat nicht zuletzt das Beispiel Paris gezeigt, das neben kunstaffinen Giganten der Modeindustrie, die sich Privatmuseen bauten, vor allem von einer kunstfreundlichen Politik profitiert, die sich dazu entschieden hat, die Mehrwertsteuer auf Kunstkäufe auf 5,5 Prozent zu senken, die in der EU niedrigste Taxe. Paris erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance und macht London den Platz als wichtigste Kunstmarktmetropole streitig.

Im Juni hat Deutschland nachgezogen und senkt ab Jänner 2025 den Mehrwertsteuersatz auf Kunst von 19 Prozent auf sieben Prozent und passt sich damit an seine Einfuhrumsatzsteuer an. Die Kulturministerin des Landes, Claudia Roth, sagte in einer Erklärung: „Der ermäßigte Satz ist gerade in schwierigen Zeiten ein wichtiges Signal für den Kunstmarkt und den kulturellen Beitrag der Galerien.“

Auslöser der Steuersenkung in Deutschland ist die EU-Richtlinie 2022/542, die am 1. Januar 2025 in Kraft tritt und darauf abzielt, die Mehrwertsteuersätze der Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Ab 2025 können EU-Mitgliedstaaten zwei reduzierte Mehrwertsteuersätze auf bestimmte Waren, darunter auch Kunst- und Sammelgegenstände, anwenden, sofern der Steuersatz fünf Prozent oder mehr beträgt. Gemäß der Richtlinie darf jeder Mitgliedstaat aber höchstens auf 24 der im Anhang III der Richtlinie aufgeführten Kategorien Steuerermäßigungen anwenden. Ergänzend dazu gibt es künftig für sieben Produkte und Dienstleistungen die Möglichkeit eines ermäßigten Steuersatzes, der unter fünf Prozent liegt sowie eine Steuerbefreiung. Allerdings betrifft das nur Kategorien, die vorranging zur Deckung der Grundbedürfnisse dienen sowie bestimmte Kulturartikel, wie Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Bildende Kunst fällt nicht in diese Kategorie.

Österreich steht damit unter massivem Wettbewerbsdruck

Eva Komarek

Das Beispiel Frankreich hat wohl auch andere Mitgliedstaaten auf den Plan gerufen, allen voran Deutschland. Aber auch in Italien, dem drittgrößten Kunstmarkt der EU, wird über Steuererleichterungen diskutiert. Einem Artikel im Art Newspaper zufolge gibt es in Italien Gespräche über eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Verkäufe auf dem Sekundärmarkt von derzeit 22 auf fünf Prozent. In Österreich gilt am Sekundärmarkt die Differenzbesteuerung, also die Differenz zwischen Ein- und Verkaufswert, die der normalen Umsatzsteuer von 20 Prozent unterliegt. Bei Verkäufen von Kunstwerken am Primärmarkt ist Italien mit zehn Prozent schon jetzt günstiger als Österreich, ebenso Belgien, die sechs und die Niederlande, die neun Prozent Mehrwertsteuer auf Kunsttransaktionen einheben. Von den Nicht-EU-Ländern hat Großbritannien mit fünf Prozent und die Schweiz mit 8,1 Prozent ebenfalls sehr attraktive Marktbedingungen. Und zuletzt hat auch Luxemburg eine Steuersenkung auf acht Prozent angekündigt.  

Österreich steht damit unter massivem Wettbewerbsdruck. „Wenn in Deutschland als eines der letzten europäischen Länder die Umsatzsteuer auf Kunstgegenstände mit Jänner auf sieben Prozent fällt, ist das für uns eine echte Katastrophe“, sagt Horst Szaal, Obmann des Landesgremiums der Wirtschaftskammer Wien. Als Kunsthändler in dritter Generation wisse er, wie sensibel der Markt sei. „Durch die kurzfristige Steuersenkung auf fünf Prozent während der Corona-Pandemie sind die Kunstkäufe in Österreich sofort deutlich gestiegen“, so der Spartenobmann. Umgekehrt sei aber auch zu beobachten gewesen, dass wichtige Sammler sofort nach Frankreich abgewandert seien, als dort der niedrige Steuersatz von 5,5 Prozent eingeführt worden sei.

 

Dringende Forderung der Branche

Die Steuersenkung in Deutschland hat die österreichische Branche in Aufregung versetzt, gleichzeitig aber alle wichtigen Player an einen Tisch geholt. In einem gemeinsamen Brief an die Sektionsleiterin für Kunst und Kultur im Kulturministerium, Theresa Niedermüller, fordern der Galerienverband, die WKO, die Künstlervereinigung Secession, die IG bildende Kunst sowie das Künstlerhaus, Gesellschaft bildender Künstlerinnen und Künstler Österreichs eine Senkung der Umsatzsteuer für Kunst auf sieben Prozent, um Chancengleichheit mit Deutschland zu schaffen. „Dann wären wir wieder interessant für den internationalen Markt“, so Szaal. Das würde nicht nur etablierten, sondern auch jungen Künstlern zugutekommen und wäre ein klares Zeichen der Unterstützung für den Kunstbereich. „Wiens Kunstszene hat zuletzt einen Aufschwung erlebt mit neuen Galerien und Kunstmessen, da sollten die Rahmbedingungen passen“, sagt auch Rudolf Leeb, Generalsekretär des Galerienverbandes.

Das Timing Deutschlands hätte für Österreich kaum schlechter sein können, so kurz vor der politischen Sommerpause und der Nationalratswahl Ende September. Eine Änderung noch bis Ende Dezember 2024, bevor die Brüsseler Direktive und der geringere Steuersatz in Deutschland in Kraft treten, erscheint unwahrscheinlich. Österreich hat derzeit zwei reduzierte Umsatzsteuersätze: zehn Prozent und 13 Prozent. Da die Direktive aus Brüssel abgesehen von der Deckung von Grundbedürfnissen nur zwei ermäßigte Umsatzsteuersätze erlaubt, müsste eine dieser beiden aufgegeben werden und stattdessen die sieben Prozent neu eingeführt werden. Innerhalb der österreichischen Politik gibt es unterschiedliche Ansichten zur Notwendigkeit einer Steuersenkung. Zumindest bis zu einer neuen Regierungsbildung nach der Nationalratswahl wird Österreich mit einer steuerlichen Benachteiligung am Kunstmarkt wohl leben müssen. Denn vor der Wahl wird nichts passieren und so ein Nischenthema ist für den Wahlkampf zu uninteressant, um es mitzunehmen. Bleibt zu hoffen, dass die neue Regierung dann Verständnis für die Bedeutung des Kunstmarktplatzes Österreich zeigt.

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