Ist die PARALLEL VIENNA 24 einen Besuch wert?
Mit neuer Managementstruktur und zum zweiten Mal in Folge auf der Baumgartner Höhe geht die PARALLEL VIENNA ab heute in seine 12. Ausgabe. Wir haben uns vorab umgesehen.
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Endlich ist es da, ein Kombiticket für die zwei großen Kunstmessen dieser Wien Woche: PARALLEL und viennacontemporary. Außerdem muss man die verlangten 30 Euro nur einmal zahlen und darf wieder kommen. Eine erfreuliche Entwicklung, war es doch immer etwas mit Stress verbunden, die Fülle der Präsentationen in Einzelbesuchen abzuhandeln.
Mit rund 140 Ausstellern gibt es auch 2024 genug zu sehen auf der Baumgartner Höhe, wo die PARALLEL wieder ehemalige Pavillons der einstigen Klinik bespielt. Heuer sind es aber nur zwei, statt der drei 2023 und hinzu kommt ein architektonisches Highlight: das Jugendstiltheater. Hier wickelt die Messe ihren neuen Schwerpunkt ab: Performance.
Über 50 Kunstschaffende werden am Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag im Theater ihre Programme inszenieren. Der Freitag wird bewusst ausgelassen, es ist der 13. Und Aberglaube, Verschwörung, größere Mächte und kleinere Fantasien gehören nun mal zur PARALLEL, das machen auch heuer einzelne Artist Statements deutlich.
Den Veranstaltern geht es mit dem Fokus auf das Performative auch um eine Betonung des Festivalcharakters gegenüber dem, gerade auch international in Rufschwierigkeiten geratenen Term „Kunstmesse“. So recht weiß keiner, wie es weitergehen soll mit klassischen Kunstverkaufsplattformen in einer wirtschaftlich gebeutelten Kunstwelt. Gefeiert wird aber gerne, und darauf soll gesetzt werden, die PARALLEL als tagelanges Festival auch an neue Besucherkreise herangeführt werden.
Letztes Jahr kamen um die 17.000 Besucher, heuer sind 20.000 anvisiert und das bei Wettervorhersagen knapp über 10 Grad – es wird sich weisen, ob die Vision des neuen Managements aufgeht. Während Stefan Bidner weiterhin als Artistic Director agiert, wird Daniel Haider als Managing Partner nun um Alexander Knechtsberger und Robert Ramsauer verstärkt. Während Ramsauer der Kunst vor allem als sammelnder Unternehmer nahe steht, ist es bei Knechtsberger die Begeisterung für Großevents – er organisiert Maturareisen und Musikfestivals wie das Lighthouse Festival. Was dies für die kommenden Ausgaben heißt, bleibt Spekulation, bei einem ersten aktuellen Rundgang gibt sich die PARALLEL in recht bekannter Manier.
Ein paar Empfehlungen
So fragt man sich auch dieses Jahr wieder: Wo anfangen in der Fülle aus rund 600 Künstler:innen? Empfohlen sei unter anderem ein Besuch in den Gallery Statements von Wonnerth Dejaco oder Galerie Thoman, die sorgfältig kuratierte Gruppenshows aufschlagen. Sehenswerte Solopräsentationen gibt es derweil etwa von Madita Kloss bei der Galerie Sophia Vonier, Sophia Süssmilch bei Martinez oder Stefan Zsaitsits bei der Galerie 422. Die Galerie Ernst Hilger zeigt mit Werken von Tina Dobrajc auf. Im Duo ergänzen sich Frenzi Rigling und Käthe Schönle bei der L.art Galerie und – ein persönlicher Favorit – Katja Gürtler und Polina Sokolova in den herausragend gestalteten Räumen von Rudolf Leeb. Da kann nur Krinzinger lautstark mithalten, die Bianca Kennedy zeigt und mit ihr die mehrteilige feministische Videoarbeit "ANGERS", geballte Frauen-Wut zurechtgeschnitten aus Hollywood-Streifen. Unter den Project Statements sind beim Presserundgang die Kunsthalle Graz mit Peter Garmusch, Stefanie Moshammer bei Kahan Art Space und die Hamburger Gäste Frappant herausgestochen.
Doch nichts ist für die PARALLEL so identitätsstiftend wie ihre Artist Statements: Kuratierte Solopräsentationen direkt aus Künstlerhand. Aus der Fülle an Entdeckungen seien fünf herausgegriffen: Rosa Andraschek bringt wichtige Denkanstöße ein, indem sie den Grund und Boden der Kunstmesse historisch kontextualisiert und auf die Zeit des Nationalsozialismus referenziert – hier gab es leider zahlreiche Kapitel, die an den Steinhofgründen geschrieben wurden.
Spiel zwischen Material und Raum
Trauma ist auch für Sophie Luise Passow und Carlos Vergara Verhandlungsthema. Auf sehr unterschiedliche und doch jeweils anziehende Art befragen sie die Abhängigkeitsbeziehungen von Körper, Trauma und Ästhetik. Einen Abstecher sollte man auch hin zu Ömar Faruk Kaplan und seinen raumdefinierenden Objekten machen.
Den Hintergrund der Wände, auf dem sich die Kunstmesse abspielt, inszeniert Anita Steinwidder grandios. Hier, wo vor kurzem noch Patient:innen waren, umhegt sie antiquarische Körperteile von Putti mit maßgehäkelten Garn – eine poetische Geste mit Wirkmacht.
Ergänzt wird die PARALLEL auch in diesem Jahr um einige kuratierte Sonderausstellungen und Sektionen. Ein sehr wertschätzender und toller Moment ist hier das „Tribute to Gabriele Senn Gallery“. Im Skulpturenpark sind 2024 unter anderem Angelika Loderer oder Elisabeth von Samsonow vertreten.
Insgesamt ist es der Ausflug auf die Baumgartner Höhe bestimmt auch 2024 wert, denn die Fülle an Angebot trifft, auch wenn man sich dort und da etwas mehr kuratorische Sorgfallt wünschen würde, es könnten im nächsten Jahr vielleicht ein paar wenigere, ausgesuchtere Artist Statements dabei sein. Noch offen bleibt, ob auch die ersehnten Kunstkäufer:innen, die dieser Tage in Wien von allen Seiten umworben werden, es in die Pavillons der PARALLEL schaffen. Im Rahmen der Pressekonferenz performt Lydia Haider ein tragisch-komisches, leicht irritierendes Stoßgebet, in dem es unter anderem hieß „die Reichen sollen sich schleichen“ – das kann wohl nur Satire sein.
Otto Wagner Areal
Baumgartner Höhe 1, 1140 Wien
Österreich
11.09.2024-15.09.2024
PARALLEL VIENNA