Gute Geschäfte auf der viennacontemporary?

viennacontemporary 2019 © kunst-dokumentation.com

29.163 Besucher fanden dieses Jahr an vier Messetagen ihren Weg in die Marx Halle. Insgesamt waren 110 Galerien aus 26 Ländern präsent. Doch wie sah es insgesamt mit den Verkäufen und der Präsenz eines internationalen Publikums aus? Erstmals wurde eine Reihe von internationalen Kuratoren und Journalisten eingeladen, die anhand von Studio Visits, Führungen durch die Ausstellungen des Galerienfestivals curated by und durch die Messe einen Überblick über die Wiener Kunstszene erhielten. Die Galerien auf der Messe waren mit den Verkäufen und auch der Präsenz an Käufern aus dem Ausland durchwegs zufrieden.


Eine Gruppe junger Kuratoren kaufte drei Werke von Sophie Thun bei Galerie Sophie Tappeiner für ein Museum in Chicago ein. Ebenso fand ihre Arbeit „Crouching (Y82M13,1D70F8T7,5m10, 153CA3B450)“, von 2018, das Titelbild unseres Messeheftes, einen Käufer. Bei den großen heimischen Galerien konnte beispielsweise die Galerie nächst St. Stephan eine Arbeit der amerikanisch-kanadischen Künstlerin Jessica Stockholder für 70.000 Euro verkaufen, eine Collage von VALIE EXPORT wechselte für 35.000 Euro bei der Galerie Thaddaeus Ropac den Besitzer, die Galerie Hubert Winter verkaufte unter anderem eine Skulptur von Joel Fischer für 10.000 Euro und Philipp Konzett eine Arbeit von Rudolf Polanszky für 120.000 Euro. Unttld Contemporary präsentierte die philippinische Künstlerin Jill Paz erstmals in Wien und konnte für ihre Arbeiten großes Interesse wecken und ebenso Sammler für Paul Leitner und Jonas Lund begeistern. Bei Galerie Sturm und Schober wurden Werke von Dave Bopp und atelierJak an internationale Sammlungen nach New York und London sowie auch an heimische Interessenten verkauft. Die rumänische Galerie Jezca vermittelte Arbeiten von Radu Oreian und Ciprian Radovan für rund 15.000 Euro an Sammler. Auch jüngere Galerien wie beispielsweise Zeller von Almsick reüssierten und verkauften unter anderem Dejan Dukic für rund 10.000 Euro. Die aus Berlin nach Wien gezogene Galerie Crone konnte Werke von Daniel Lergon und Stefan Reiterer an eine renommierte US-amerikanische Sammlung verkaufen. Was sonst noch auf der Messe bemerkens- und sehenswert war, hat Nina Schedlmayer für uns zusammengefasst. 

Tess Jaray war acht Monate alt, als sie mit ihren Eltern 1938 nach England emigrierte. Sie war in Wien in eine kunstaffine jüdische Familie geboren worden: Die legendäre Galeristin Lea Bondi-Jaray war ihre Großtante. Bis heute lebt sie in Großbritannien. In ihrem Geburtsland Österreich kennt man sie kaum, obwohl schon der legendäre Gründungsdirektor des Museums moderner Kunst, Werner Hofmann, zwei ihrer Arbeiten ankaufte.

So zählte die Künstlerin zu den spannendsten Neuentdeckungen auf der 110 Galerien aus 26 Ländern umfassenden viennacontemporary, wo der Stand von Karsten Schubert London und EXILE vier ihrer Gemälde aus den 1960er-Jahren zeigte: semi-abstrakte Kompositionen in Grüntönen, entstanden vor dem Hintergrund eines Besuchs im Wiener Stephansdom.

Die Werke von Jaray waren Teil der Sektion „Explorations“, für deren Konzept Belvedere-Chefkurator Harald Krejci verantwortlich war und die sich auf Kunst aus den 1960er- und 70er-Jahren fokussierte. Werke wie die von Josef Bauer (Krobath) oder Alfred Klinkan (Galerie bei der Albertina Zetter) überraschen wohl eher internationale Gäste denn österreichische, doch auch diese war in den „Explorations“ vieles zu finden: darunter die frühe Xerox-Kunst von Jacqueline Mesmaeker bei Nadja Vilenne aus Liège oder der Stand der SODA Gallery aus Bratislava, der mit Foto-Performances von Geza Perneczky, Milan Adamčiak und Michal Kern aufwartete. Plan B (Cluj/Berlin) zeigte die reliefartigen Wandstücke und Zeichnungen von Horia Damian; eine Arbeit konnte man für 16.000 Euro an eine Berliner Sammlung verkaufen.

Als ebenso beglückend, zumindest aus Publikumssicht, erwies sich die ZONE1, die Fiona Liewehr kuratierte: Die Structura Gallery aus Sofia punktete mit Skulpturen der Zagreberin Luiza Margan, gleich nebenan untersuchte bei SVIT (Prag) Markus Proschek in einer präzisen wie optisch beeindruckenden Installation die visuellen Strategien der Neuen Rechten.

EXILE © viennacontemporary, photo: kunst-dokumentation.com

EXILE © viennacontemporary, photo: kunst-dokumentation.com

Die Galerie Senn und die 1991 geborene Künstlerin Marina Sula erhielten für ihren sehr gelungen Stand, der einem Wartezimmer nachempfunden war, den Bildrecht Award (Disclaimer: Die Autorin dieses Textes war Teil der Jury). Überhaupt gab es bei der jüngeren Generation zahlreiche Entdeckungen: Neben der Bildhauerin und Malerin Maia Stefana Oprea (AnnArt Gallery, Bukarest) und ihren versponnenen, verdichteten Objekten etwa Katarina Poliacikova (Jiri Svestka Gallery, Prag und Berlin) mit Fotoarbeiten und Objekten zu Wahrnehmung und Sprache.

Abseits davon zeigten die meisten Galerien Gruppenschauen; einen großen Stand abseits der speziell für Junge reservierte ZONE1 für eine Solopräsentation oder aber eine thematische Schau ist für diese Messe wohl doch zu gewagt; immerhin Lisa Kandlhofer wagte eine Einzelschau mit Markus Redl und Smolka Contemporary mit Hans Kupelwieser. Und die Arbeit von Anna Meyer, am zweiten Stand von Krobath, nahm Aktuelles auf: In ihrer Serie „Futurefeminismus“, in der sie die Repräsentation von Frauen untersucht, taucht Greta Thunberg auf. Auch der Kölner Philipp von Rosen beschränkte sich auf eine einzige Position. Er verkaufte einige Gemälde von Markus Huemer, der die Messesituation reflektierte. Der Salzburger Ropac zeigte eine Mini-Schau zur Collage und konnte einiges verkaufen, unter anderem ein Werk von Valie Export für 35.000 Euro.

Diesmal fehlte zudem weitgehend der richtige Trash

Nina Schedlmayer

Schöne Einblicke gelangen bei Krinzinger, wo das Publikum von einem nonchalanten Selbstporträt Marina Abramovics, zwei Mistschaufeln in der Hand, begrüßt wurde. Die Galeristin verkaufte laut eigener Aussage, ohne Details preiszugeben, gut; ebenso die Kollegen Meyer Kainer. Die Charim Galerie wurde mehrere Werke von Dorit Margreiter los (um je 10.000 Euro), Kollegin Senn eine Skulptur von Cäcilia Brown (11.000 Euro). Hans Knoll zeigte nebst Akos Birkas und einigen anderen die gebürtige Ungarin Orshi Drozdik, deren Aquarelle und Foto-Performances aus den 1970er- und 80er-Jahren, ganz auf der Höhe der internationalen feministischen Avantgarde, auch perfekt in die „Explorations“-Auswahl gepasst hätte.

Die künstlerische Leiterin der viennacontemporary, Johanna Chromik, hatte nicht viel Zeit für die Vorbereitung dieser Messe: Schließlich übernahm sie den Job von Christina Steinbrecher-Pfandt erst im Jänner 2019. Doch es gelang ihr, das Profil der Messe – mit dem Schwerpunkt auf Osteuropa – noch einmal nachzuschärfen. Diesmal fehlte zudem weitgehend der richtige Trash: Arbeiten, die schon auf den ersten Blick so grauenhaft aussehen, dass man sich lieber gleich wieder abwendet, waren kaum vorhanden.

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