Die Art & Antique friert zum Abschied

Die Art & Antique gibt ihre vorläufige Abschlussvorstellung in der Salzburger Residenz: Aufgrund von Renovierungsarbeiten muss sich die Kunstmesse zumindest für die kommenden zwei Jahre ein Ausweichquartier suchen. Eine zusätzliche Herausforderung angesichts eines schwächelnden Kunstmarkts, wie die ersten Tage der Messe verdeutlicht haben.
Letzter Akt in der Residenz: Die Messe muss raus
In der Salzburger Residenz musste man sich häufig warm anziehen: Das war nicht nur dem kriselnden Kunstmarkt geschuldet. Gerade im unbeheizten Carabinieri-Saal konnten die Temperaturen zu Ostern sehr frisch werden. Temperaturen, die es mit sich brachten, dass einige Kunsthändler:innen im Anorak auf Sammler:innen warteten. Das wird es künftig nicht mehr geben. Nein, nicht das Warten auf eine kunstaffine wie kaufkräftige Klientel, sondern die Kälte: Die Residenz wird in den kommenden Jahren aufwendig renoviert und bekommt sowohl ein Besucherzentrum als auch ein Archäologie-Museum. Ein Schritt, der auch eine ordentliche Klimatisierung beinhalten wird.
Ein Bauvorhaben, das ebenfalls impliziert, dass sich Sandy Graski-Hoffmann ab 2026 eine neue Bleibe suchen muss. „Die Zeitangaben für die Renovierungsdauer sind eher vage“, erzählt die Messeleiterin im Gespräch mit PARNASS: „An und für sich liegt die mit uns kommunizierte Umbauphase bei zwei Jahren – jedoch wurden wir schon mit Aussagen konfrontiert, die vier Jahre als Zeitspanne für wahrscheinlich halten.“

Art & Antique Residenz Salzburg 2025 (rechts: Sandy Graski-Hoffmann) © wildbild
Zwei oder vier Jahre werden auch nebensächlich, wenn von Seiten des DomQuartiers verbindliche Zusagen gegenüber der Art & Antique, ob die Kunstmesse weiterhin als Mieter erwünscht sein wird, bis dato ausgeblieben sind.
Daher macht sich Graski-Hoffmann proaktiv auf die Suche nach möglichen Ausstellungsflächen. „Keine einfache Sache in Salzburg“, teilt die Messechefin ihre Erfahrungen. Denn in der Mozartmetropole sind in den kommenden Jahren zahlreiche Umbauten (z.B. das Festspielhaus) geplant und die Eröffnung der Dependance des Belvederes hat sich auch verschoben. Auf jeden Fall organisiert sie für Grün-Donnerstagabend einen Ausflug mit Aussteller:innen, um das Kongresszentrum der Stadt einmal zu inspizieren
All diese Widrigkeiten gehen mit der fundamentalen Krisenzeit einher: Die ersten Tage der 48. Ausgabe der Art & Antique waren durchwachsen. Auf der einen, nicht unwesentlichen Seite ziehen die Osterfestspiele heuer gar nicht. Die Buchungslage bei Hotels, Konzerten und bei den Opernaufführungen hat viel Luft nach oben. Das Ausbleiben potenter Gäste mindert selbstverständlich die Frequenz in der Residenz. Auf der anderen Seite verweist eine immer umfassender werdende Gruppe von Kunsthändler:innen darauf, dass sie relevante Teile ihres Geschäfts bereits vor der Kunstmesse absolviert hätten. „Wir haben bis jetzt vor allem Arbeiten von Werner Berg oder Martha Jungwirth verkauft, die wir in unserem Katalog abgebildet haben“, betont Willy Magnet im Gespräch mit PARNASS. „Wir sind recht fleißig im Versand und in der Nachbearbeitung“, erzählt der Galerist aus Völkermarkt. Manchmal liegt Salzburg dann eben nur in der „Mitte“ zwischen Stuttgart und Völkermarkt, wenn ein schwäbischer Sammler für eine Jungwirth nicht den ganzen Weg nach Kärnten auf sich nehmen will.

Werner Berg , Zwei Frauen © Galerie Magnet, Bildrecht, Wien 2025
Vorab verkauft: Wenn Messen zur Abholstation werden
Ins gleiche Horn stößt Alexander Giese von Giese & Schweiger, der einem Sammler versprochen hat, eine Arbeit von Tina Blau, die er bereits zuvor erworben hat, auf der Kunstmesse zu präsentieren. „Aber der Deal ist bereits zuvor durch unsere Initiativen besiegelt worden,“ beschreibt der Wiener Kunsthändler ein fast schon übliches Procedere im Vorfeld von Kunstmessen.
Die Kunstmesse als teure Abholstation wie bei einer Postfiliale?
Ein Momentum, mit dem kleinere, regionale Kunstmessen erst umzugehen lernen müssen. Denn die Big Player à la Art Basel haben seit Jahren für ihre exklusive Klientel die „Privat Showing Rooms“ eingerichtet. Hier werden zuvor arrangierte Deals in aller Privatheit vollendet und die breite Masse bekommt die verkauften Arbeiten niemals zu Gesicht.

Tina Blau © Giese & Schweiger, Foto: PARNASS
Aber abseits der kunstmarkt- und besuchertechnischen Mesalliancen gibt es doch zahlreiche Positionen bei der Art & Antique, die auf besonderes Interesse bei Sammler:innen gestoßen sind. Wie ein „Zeichnungsaquarell“ von Günter Brus (27.000 Euro) und ein ergreifender Zoran Mušić (250.000 Euro) bei der Galerie Magnet. Bei Sylvia Kovacek vermag die Gegenüberstellung einer kleinen wunderbaren Zeichnung von Erika Giovanna Klien (16.000 Euro) mit einer prächtigen Maria Lassnig (580.000 Euro) zu begeistern. Beim Kunsthandel Freller liegt der Preis für einen epochalen Egger-Lienz noch immer weit „über der Ein-Millionen-Euro-Grenze“ (1.650.000 Euro), wie von Seiten der Galerie betont wird. Da sollten kleinere Budgets beim Freller eventuell einen Blick auf eine ungewöhnliche Broncia Koller-Pinell werfen: Die in eine dichte Abstraktion gleitende „Marktszene“ ist mit 28.000 Euro ausgepreist. Bei Wienerroither & Kohlbacher entfachen die malerisch-intensiven Arbeiten von Ross Bleckner (Kleinformate ab 14.500 Euro) oder ein formidables „Relikt“ aus den 1980er-Jahren von Hermann Nitsch reges Interesse.
Die Galerie bei der Albertina rückt den Tiroler Künstler Artur Nikodem seit einiger Zeit erfolgreich in ihren Fokus (bis 165.000 Euro) und sie waren bis dato mit dem Verkauf einer Avramidis-Skulptur erfolgreich. Bei Giese & Schweiger reicht das Spektrum von den fulminanten „Nelken“ Max Oppenheimers (38.000 Euro) bis zu den streng reduzierten Balkenbildern eines Robert Lettners (47.000 Euro). Gegenüber bei Nikolaus Kolhammer sticht die überaus fein gearbeitete, stupende Bronze-Skulptur einer knieenden Frau von Gustav Gurschner aus dem Jahr 1902 unmittelbar ins Auge (8.500 Euro).

Maria Lassnig, New York 2. Avenue © Galerie Sylvia Kovacek, Spiegelgasse Gemälde Glas, Bildrecht, Wien 2025

Art & Antique Residenz Salzburg 2025, Wienerroither & Kohlbacher, Rosa Bleckner © wildbild
Die bei den heurigen Osterfestspielen neu inszenierte, unvollendete Oper „Chowanschtschina“ von Modest Mussorgski beschreibt ein Russland am Ende des 17. Jahrhunderts, das in einer tiefen Regierungskrise steckt. Wenn man sich etwas mit dem Libretto sowie mit der kontroversen Fertigstellung der Oper beschäftigt, dann werden relativ leicht Analogien zur heutigen Unberechenbarkeit, zu den inflationären Unsicherheiten und den widersinnigen politischen Entscheidungen offenbar. Sozialpolitische Elemente, die derzeit maßgeblich dafür mitverantwortlich sind, dass die Mehrheit einer kunstinteressierten Käuferschicht, die regelmäßig im mittleren Segment Ankäufe getätigt hat, in eine Schockstarre gefallen ist.
Wenn ich mir das Fußballtraining für meinen Sohn nicht mehr leisten kann, dann kann ich vor mir schwer argumentieren, Kunstwerke im fünfstelligen Eurobereich anzukaufen.
Nichtsdestotrotz sollte das Osterwochenende dazu genutzt werden, sich die sehenswerte wie vielfältige, temporäre Abschiedsvorstellung der Art & Antique in der Salzburger Residenz anzusehen.
Oder lakonisch formuliert: Das Ende der Protagonisten von „Chowanschtschina“ müssen wir jetzt nicht auch noch kopieren.

Friedensreich Hundertwasser, Luzifers Zunge © Galerie bei der Albertina Zetter, Florian PERLOT pour ArtDigitalStudio Bildrecht, Wien 2025

Art & Antique Residenz Salzburg 2025 © wildbild