art karlsruhe 2025

Die art karlsruhe in Baden-Württemberg hat eine langjährige Tradition. Doch um relevant zu bleiben und die Messe in die Zukunft zu führen, müssen neue Perspektiven entwickelt werden. Davon ist das seit dem Vorjahr für die Messe verantwortliche Führungsduo Kristian Jarmuschek und Olga Blaß überzeugt. Gemeinsam mit ihrem Team haben sie die Messe weiterentwickelt mit dem Ziel die Stärken der art karlsruhe und des Standorts wieder vermehrt in den Fokus zu rücken.
Bereits im Vorjahr wurde die Anzahl der Galerien reduziert, dieses Jahr sind es – durch neue Bewerbungen – wieder um 10 Galerien mehr. 187 Galerien aus 16 Ländern, naturgemäß mit einem Schwerpunkt auf Deutschland bieten für die Besucher:innen ein umfangreiches Angebot. Nach wie vor umfasst die Bandbreite der Messe Werke der Klassischen Moderne über die Kunst nach 1945 bis zu junger Gegenwartskunst. Mit dem „academy:square“ in der Halle 3 erhalten auch angehende Künstler:innen der badischen Hochschulen eine Plattform. Mit der Sektion new:comer will die Messe die Teilnahme von jungen Galerien fördern und ihre ersten Auftritte in Karlsruhe unterstützen, um eine nachhaltige Wiederkehr zu ermöglichen, so Barbara Fleck, project manager art karlsruhe.
Sondersektionen
Mit einer Reihe von Sondersektionen, wie one:artists show, oder re:discover, in der Künstler:innen im Fokus stehen, die noch am Markt aktiv sind, und doch wieder stärker in den Fokus rücken sollen sowie mit re:frame, das künstlerische Nachlässe in den Mittelpunkt stellt sowie mit den auf Papier spezialisierten paper:square und den schon traditionellen Skulpturenschwerpunkt deutliche Akzente. Erfreulich waren die Sektionen zu Privatsammlungen. So treffen die Farbfeldmalereien der in Berlin lebende Künstlerin Tamina Amadyar (*1989) aus der Sammlung Christoph Keller auf eine von Stefanie Patruno, Direktorin der Städtischen Galerie Karlsruhe zusammengestellte Auswahl von Werken aus der Sammlung der Städtischen Galerie Karlsruhe. Barbara Thomann und Marie-Luise Zielonka präsentierten mit dem Aspekt Liebe und Beziehung Werke aus der Sammlung der LBBW Bank. Mein persönliches Highlight ist die Serie „Alte Freunde“ (1993) von Thomas Schütte – prägnant, böse und humorvoll zugleich.

Thomas Schütte, Alte Freunde, 1993, LBBW Sammlung, art karlsruhe, 2025, Foto: PARNASS
Heile bunte Welt oder ein Tanz auf dem Vulkan?
Grundsätzlich kann die Kunst sich ganz gut um sich selbst kümmern, sie muss nicht die Welt retten, muss und kann keine Lösungen anbieten und muss daher nicht stets zu politischen Fragen Stellung nehmen. Doch sie kann Fragen stellen, Themen aufgreifen, zu einem Blickwechsel anregen. Und man nimmt an, die Gegenwart würde dazu genug Anlass geben. Doch insgesamt dominiert auf der Messe die Malerei und eine Welt voller Blumen, Stillleben, romantischen Landschaften, Porträts – und das in bunten Farben und dickem Farbauftrag, wie als wenn es die Welt vor den Toren der Messehallen nicht geben würde. Doch scheint dies den Geschmack der Sammler:innen zu treffen.
Es lohnt ein zweiter Blick
Es lohnt nach einem ersten Rundgang durch die kaum fassbare Menge an Bildern und Objekten, wo die Malerei scheinbar dominiert, sich Zeit zu nehmen – und so Entdeckungen zu machen. So sind Fotoarbeiten von Luzia Simons‘ Blumenstillleben bis Jürgen Klauke zu zu finden und konzeptuelle und thematisch engagierte Positionen. Etwa Katsumi Hayakawa, (*1970) bei Galerie Micheko (München) dessen dreidimensionale Welten aus Papier ent-individualisierten Metropolen zeigen, oder Mona Radziabari bei Galerie Sturm & Schober. Die aus dem Iran stammende, heute in Wien lebende Künstlerin (art.karlsruhe Preisträgerin 2023) thematisiert in ihrer neuen Serie sehr poetisch den Verlust der Heimat. Ebenso in diese Kategorie fällt Miriam Cahns großformatige Kohle-Zeichnung „weltstadt 11.01.1987“ bei Meyer Riegger und natürlich Louis-Cyprien Rials, (Galerie Eric Mouchet, Paris) der unter anderen bereits Ausstellungen im Palais de Toyko, in der Fondation Le Corbusier, oder im Fotomuseum Winterthur vorweisen kann. Die Fotografien entstanden während längere Aufenthalte im Irak und zeigen die Menschen, Riten und die Geschichte des Landes und vor allem Architektur. Im Fokus steht dabei Le Corbusiers Sporthalle in Bagdad, die der Architekt am Ende seines Lebens entworfen hat. Sie trug eine Zeit lang den Namen von Saddam Hussein, bevor sie als Gefängnis diente.
Es lohnt nach einem ersten Rundgang durch die kaum fassbare Menge an Bildern und Objekten, wo die Malerei scheinbar dominiert, sich Zeit zu nehmen – und so Entdeckungen zu machen.

Galerie Eric Mouchet, Louis-Cyprien Rials, Gymnase Le Corbusier – L'Abaya, 2024, art karlsruhe 2025, Foto: PARNASS
Auch die spanischen Künstlerin Marta Fàbragas mit ihrem Projekt „Colonized“ das sie 2016 begonnen hat, ist hier zu nennen. Die in Barcelona lebende Künstlerin wird von der spanischen Galerie Anquin´s vertreten. Ihre Zusammenstellung alter Fotografien rückt sie die Geschichte der Kolonisation buchstäblich wieder ins Licht. In ihren Porträts von ehemals marginalisierten und versklavten Frauen gibt sie diesen auf eindrucksvolle Weise ihre Würde zurück. Doch sie sind auch ein Tribut an Frauen unsere Zeit, die in einer Gesellschaft leben, die ihnen nicht mit Respekt begegnet und sie unterdrückt.
Ebenso trifft man, innerhalb der absolut vorhandenen Ups and Downs, auf Werke, die sich in hoher Qualität mit formal ästhetischen Fragen auseinanderzusetzen und den Diskurs mit kunstimmanenten Parametern aufgreifen – und da hat man 2025 nochmals in der Auswahl der Galerie ordentlich nachgeschärft. Bei jenen Galerien, die konkret, reduktive Positionen zeigen, sind Galerie Fetzer aus Sontheim an der Brenz und die Wiener Galerie zs art hervorzuheben. Beide haben unter anderen Werke des Oberösterreichers Gerhard Frömel mitgebracht. Bei zs art sind vor allem die sehr prägnanten Arbeiten von Veronika Rodenberg und Leo Zogmayer zu erwähnen. Bei Fetzer, Rita Rohlfing und vor allem die beiden Papierreliefs von Frank Stella von 1975 auf, die mit Euro 22.000 in das Mittelfeld der Preise auf der Messe fallen.

zs art galerie, art karlsruhe 2025, Foto: © zs art galerie
Sowohl im paper:square als auch bei einigen Galerien, fallen eine Reihe interessanter Papierarbeiten auf. Etwa die dreidimensionalen Werke von Duks Koschitz und die Collagen von Irene Wölfl bei zs art Galerie, Wien und Leonie Mertes bei Heike Strelow, Frankfurt (alle im paper.square). Heike Strelow präsentiert darüber hinaus auf ihrem Galeriestand mit dem Künstler Oskar Holweck (1924–2007) einen Pionier der Papierkunst, der der ZERO-Gruppe nahestand und dessen Nachlass an erstaunlichen Papierarbeiten nun zu Recht wieder verstärkt in den Blickpunkt rückt.

zs art galerie, paper:square, art karlsruhe 2025, Foto: zs art galerie
Kugelschreiber, Farbstift und Bleistift als Malmittel
Aufgefallen sind auch eine Reihe an Künstler:innen die als Malmittel sehr individuell den Kugelschreiber oder Farbstift verwenden. Während der deutsche Künstler Jub Mönster (Galerie Friedmann-Hahn) die Technik einsetzt um dein Eindruck alter Fotografien in Zeichnung zu transformieren, setzt der aktuell mit dem renommierten SPARDA-Kunstpreis ausgezeichnete Thomas Müller (Sturm & Schober, Stuttgart/Wien) im großen Format den blauen Farbstift konzeptuell ein. Seine virtuoser Umgang mit Form, Struktur und den vielfältigen Variationen der Linie kommen dabei ebenso zu Ausdruck wie die Materialität des Papiers. Neben großen Formaten, boten die Galerie Sturm & Schober und Martin Kudlek eine Reihe von kleinformatigen Arbeiten zu erschwinglicheren Preisen an. Unbedingt zu nennen ist hier die italienische Künstlerin Silvia Inselvini bei Galerie Isabella Lesmeister (Regensburg). Ihre Werke, die 2024 auch bei der Schau "24 Fragen an die Konkrete Kunst" im Museum für konkrete Kunst Ingolstadt zu sehen waren, geht es um die stete gestische Wiederholung von Schraffuren, mit denen sie die Kugelschreibertinte lückenlos auf Papier aufträgt. Ihre „Notturni“ entstehen hauptsächlich nachts und thematisieren die Unendlichkeit als Quintessenz einer nicht fassbaren Zeit. Bei Lesmeister noch aufgefallen der Regensburger Maler Nico Sawatzki.

Galerie Sturm & Schober, art karlsruhe, 2025, Foto: © Galerie Sturm & Schober
Junge Positionen
Dem Führungsduo Jarmuschek und Blaß ist es gelungen die Messe auch für die Präsentation junger Positionen interessant zu machen: so zeigt Arne Linde Galerie ASPN Leipzig, die dieses Jahr erstmals dabei ist, Werke von Franziska Koch (*1991) oder Galerie Thomas, Stuttgart Johannes Müller (*1986). Viel Aufmerksamkeit bekam auch Lunita-July Dorn (*1999) bei Galerie Judith Andreae, Born. Dorn studiert noch an der Weißensee. In großformatigen Acrylbildern dominieren großflächige Protagonist:innen, zumeist Frauen und oft sie selbst trinkend, rauchend, cool. Cool und sehr ungewöhnlich waren auch die Werke von Vanni Spazzoli bei Galerie L’Ariete, Bologna. Seine frechen, ein wenig an Basquiat angelehnte Bilder, wie „Mafalda Modella“ oder „Stella Bella“ würde man eher einem jungen Künstler oder Künstlerin zuschreiben. Tatsächlich ist Spazzoli jedoch Jahrgang 1940! Nicht mehr ganz so jung, aber eine interessante expressive Künstlerin ist die Lüpertz-Schülerin (*1978) Claudia Meitert, bei Art Affair. Hingegen wenig überzeugend waren die Werke der japanischen Künstlerin Etsu Egami, bei Galerie Kornfeld, die den diesjährigen art-Karlsruhe-Preis 2025 erhielt. Die Karlsruher Absolventin der Hochschule für Gestaltung (HfG) gehört angeblich zum derzeitigen Shooting Star am asiatischen Kunstmarkt, so die aktuellen Pressemeldungen.

Galerie L’Ariete, Vanni Spazzoli, Foto: PARNASS
Österreicher auf der art karlsruhe
Vertreten waren neben den schon erwähnten Galerien zs art und Sturm & Schober aus Österreich die Galerien Frey (Salzburg/Wien) unter anderem mit Werken von Bernard Ammerer, Alexander Steinwender, Herbert Golser, und einer Auswahl an interessanten Werken des Pariser Künstlers Patrice Pantin. Kovacek & Zetter aus Wien punkten innerhalb ihres Galerieportfolios mit den der Serie „Ones“ von Hubert Scheibl, die auch bei Wolfgang Jahn aus München für Aufsehen sorgten, und mit einer reichen Auswahl an Arbeiten von Gabi Trinkaus. Vor allem die Porträts zeigen, dass die Künstlerin zu Unrecht in Wien kaum präsent ist. Trotz der Vielfalt an Positionen gelingt es der Galerie den einzelnen Künstler:innen genug Raum zu geben und den Stand klar zu kuratieren. Rodler Gschwenter zeigen eine Auswahl aus ihrer Galerie darunter die deutsche Bildhauerin Hannah Schmider, und eine schöne Ecke mit Werken von Thomas Riess. Sturm & Schober hingegen setzt vor allem auf reduzierte, konzeptuell Arbeiten und zeigt auch mit Thomas Gänszler einen der wenigen Künstler auf der Messe, der sich mit den digitalen Möglichkeiten der Bildgenerierung beschäftigt. Von ihm hat die Galerie auch feine Bleistiftarbeiten im Portfolio.

Galerie Kovacek Zetter, Gabi Trinkaus, art karlsruhe 2025, Foto: © Galerie Kovacek Zetter
In der Sparte re:discover zeigt die Galerie eine umfangreiche Präsentation des Südtiroler Künstlers Paul Thuile. Seine präzisen, architektonischen Zeichnungen zeigen Innenräume aus der Perspektive des Zeichners und so den Betrachter oft in die Irre führen. Seine Zeichnungen übertragt er in Fotografien und Leuchtkästen und erweitert auch medial die Illusion der Wirklichkeit. Die architektonische Gegebenheit wird so zum Impuls eines kreativen Aktes der mehrere Perspektiven und Ecken und Kanten im Raum miteinander verknüpft und sich im Bild damit unmissverständlich von der Wirklichkeit entfernt. Insgesamt muss man – ganz objektiv sagen, punkten die österreichischen Galerien durch hohe Qualität und zeigen eine Bandbreite an nationaler wie internationaler Gegenwartskunst die der Messe insgesamt gut tut. Sorry to say. Weitere Österreicher auf der art karlsruhe: die Vorarlberger Künstlerin Miriam Prantl bei Bege Galerie aus Ulm und Esther Stocker bei Samuelis Baumgarten Berlin sowie Malerei von Martin Praska und großformatige Bilder von Franziska Maderthaner bei Brennecke Fine Art unter anderem aus der Serie „Polke befahl Flamingos malen“, die auch bereits in den ersten Tagen Käufer:innen fanden.

Galerie Frey, Bernard Ammerer, art karlsruhe, 2025, Foto: © Galerie Frey
So waren Qualitätsschwankungen insgesamt ein Charakteristikum der art karlsruhe. Die dm-Halle die laut Messeplan den Contemporary Disoveries gewidmet ist, entsprach hier – mit wenigen Ausnahmen, wie die Werke von Franziska Reinbothe bei Galerie Laetitia Gorsy, Leipzig und schäfer + schlehwein, Millstatt, die allerdings ältere und etablierte Positionen zeigten – am wenigsten. Insgesamt waren die Galerien über die diesjährige art karlsruhe zufrieden und auch über ein reges Interesse seitens der Besucher:innen konnte sich die Messeleitung freuen. Ein wenig mehr Mut zur aktueller und experimenteller Gegenwartkunst wäre fein, wie es doch eine Reihe von Galeristen präsentierten. Tatsache ist jedoch auch, dass diese bislang noch nicht auf ein kauffreudiges Interesse der alteingesessenen traditionsaffinen Sammler:innenschaft Baden-Württembergs trifft.