Yoko Ono in Düsseldorf

Mit der Einzelpräsentation von Yoko Ono gelingt es dem K20, den Stellenwert dieser vielfach unterschätzten, jedoch enorm wichtigen Künstlerin einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen. Mit einigen Überraschungen, was die Rezeption der Ausstellung bei den jüngeren Generationen betrifft.
Keine andere bildende Künstlerin des 20. Jahrhunderts wurde über Jahrzehnte von einer breiten Öffentlichkeit derart als Hexe diffamiert. Und diese Bezeichnung kam nicht einmal von anderen Künstler:innen oder Sammler:innen. Nein, die Unterstellung musste sich Yoko Ono von Fans der Beatles gefallen lassen, die ihr vorwarfen, der Grund für die Trennung der Band gewesen zu sein, weil sie John Lennon mit ihren Ideen und Vorstellungen „verhext“ hätte.
Diese Menschen hatten keine Ahnung von der tatsächlichen Arbeit der 1933 in Tokio geborenen Künstlerin. Sie sahen lediglich ein Paar, das für den Weltfrieden in diversen Metropolen von einem Hotelbett (aus der Serie der Bed-ins, Bed Peace, 1969) ins andere hüpfte. Mit enormer medialer Live-Berichterstattung.
Viele junge Leute haben Angst. Richtig Angst.
Dieser Eindruck blieb bei vielen Menschen der Baby-Boomer-Generation und deren Nachkommen wahrscheinlich bis heute bestehen. Deswegen kommt Onos Ausstellung „Music in the Mind“ im K20 – eine Kooperation mit der Londoner Tate Modern (Kuratorin Patrizia Dander) – eine wichtige aufklärerische Funktion zu. Mittlerweile ist das Œuvre der Konzeptkünstlerin zwar inhärenter Teil der aktuellen Kunstgeschichte, aber dem größeren Teil einer kunstinteressierten Öffentlichkeit nach wie vor eher unbekannt.

Yoko Ono mit Glass Hammer, 1967, bei HALF-A-WIND SHOW, Lisson Gallery, London, 1967, Foto © Clay Perry
Der Überraschungseffekt bei der Show ist, dass sich Besucher:innen hier deutlich in zwei Gruppen teilen: eine ältere Generation, die sich für künstlerische Landmarks Onos wie das „Cut Piece! (1964) oder !Half-A-Room! (1967) interessieren. Und eine junge Generation, die mit den Beatles nur in Spurenelementen etwas anfangen kann. Diese Generation von 25-Jährigen und Jüngeren, die Yoko Ono als Konzeptkünstlerin nicht kennen, begeistert sich einerseits für die Mitmachwerke wie das „Shadow Piece“, das einlädt, Schatten an der Wand nachzuzeichnen, und andererseits für alle Arbeiten, die das Thema Frieden behandeln.
Nicht so sehr der Feminismus, aber das Schachspiel und das Boot, bei dem sie eine Message loswerden können, finden großen Zuspruch.
Das Themenspektrum reicht von „War is over! If you want it!“ (1969) bis zu Onos aktuellem Projekt „Add Colour (Refugee Boat)“ aus dem Jahr 2016, das die Besucher:innen dazu auffordert, die Galerienwände und ein weißes Boot mit blauer Farbe zu bemalen, um drängende Probleme, Krisen und Ängste zu kommunizieren. Es ist fast so etwas wie ein Treppenwitz der Geschichte, dass beim Plakat „War is over! If you want it“, das großflächig in London affichiert wurde, am unteren Ende die Ankündigung des damals neuen James-Bond-Films „Im Auftrag Ihrer Majestät“ zu erkennen ist. Jener Geheimagent, der auf seine Art für den Weltfrieden gekämpft hat.

Yoko Ono, Shadow Piece, 1963, erstmals realisiert 1966, erneut realisiert für Yoko Ono. Music of the Mind, Tate Modern, London, 2024, Scheinwerfer, Leinwand, Stifte, Instruktion der Künstlerin, Maße variabel, Foto: © Tate (Lucy Green) / Kunstwerk: © Yoko Ono
Eines der herausragenden Werke der Ausstellung ist das „White Chess Set“: ein Schachspiel mit lediglich weißen Schachfiguren und weißen Feldern. Die Anleitung fordert dazu auf, solange zu spielen, solange die Kontrahenten sich erinnern können, wo alle ihre Figuren sind. Dieses Werk aus dem Jahr 1966 veranschaulicht unglaublich intelligent und konzis die letztendliche Absurdität kriegerischer Auseinandersetzungen.
„Die Ausstellung wird regelmäßig von Schulklassen im Alter von 15 bis 17 Jahren besucht“, erzählt Direktorin Susanne Gaensheimer im Gespräch mit PARNASS. „Die Schüler:innen sind sofort auf die Dinge angesprungen, wo sie mitmachen konnten und bei denen es um Krieg, Flucht und Vertreibung ging. Nicht so sehr der Feminismus, aber das Schachspiel und das Boot, bei dem sie eine Message loswerden können, finden großen Zuspruch“, führt sie weiter aus, um zu schließen: „Viele junge Leute haben Angst. Richtig Angst. Ich glaube, das Thema Krieg und Frieden rangiert bei ihnen momentan ganz oben!“ Eine so fordernde wie eindringliche Ausstellung, die dem fulminanten Lebenswerk der Künstlerin Yoko Ono gerecht wird.

Yoko Ono, Music of the Mind. Installationsansicht, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, 2024. Foto: Achim Kukulies
Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen – K20
Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf
Deutschland
YOKO ONO. MUSIC OF THE MIND
bis 16.03.2025