ROSEMARIE TROCKEL & THEA DJORDJADZE

Verweigerung und Verfall

Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze, Portion of a loan, 2017, © Thea Djordjadze & Rosemarie Trockel, VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy the artists and Sprüth Magers. Foto: Timo Ohler

Das Lenbachhaus in München präsentiert die kleine Gemeinschaftsausstellung „limitations of life“ der beiden Künstlerinnen Rosemarie Trockel und Thea Djordjadze.


In den 1980er-Jahren wurde Rosemarie Trockel mit ihren Wollbildern berühmt, heute gilt sie laut Kunstkompass als wichtigste deutsche Künstlerin. Die 1971 im georgischen Tiflis geborene Thea Djordjadze ist dagegen für ihre Konzeptkunst mit roher Materialästhetik bekannt. Sie war von 1998 bis 2001 Meisterschülerin von Trockel an der Kunstakademie Düsseldorf, heute leben beide in Berlin. 

Zum zweiten Mal in diesem Jahr zeigt das Lenbachhaus – wenn auch um wenige Werke erweitert – damit eine Ausstellung, die zuvor in der Galerie Sprüth Magers zu sehen war. Präsentiert werden ausschließlich Gemeinschaftsarbeiten, die als Ausdruck ihrer Freundschaft und geteilten künstlerischen Überzeugungen entstanden. Eine solche über Jahrzehnte fortwährende Kollaboration zwischen Lehrerin und Schülerin mit einem Altersunterschied von fast 20 Jahren ist fast vergleichslos.

Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze, A Ship So Big, A Bridge Cringes (Detail), 2007, © Thea Djordjadze & Rosemarie Trockel, VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy the artists and Sprüth Magers. Foto: Timo Ohler

Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze, A Ship So Big, A Bridge Cringes (Detail), 2007, © Thea Djordjadze & Rosemarie Trockel, VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy the artists and Sprüth Magers. Foto: Timo Ohler

Eine großformatige Bildmontage aus zwei Schwarz-Weiß-Fotografien zeigt vage erkennbar die Verbrennung einer Strohpuppe, die einst Teil einer gemeinsamen Installation war. Darunter sind auf einem Regalboden zwei urnenähnliche Gefäße abgestellt, als ob die Asche darin aufbewahrt würde. Nach diesem metaphorisch-düsteren Entree bleibt es relativ dunkel. Einzelne Lichtquellen bilden kryptische Neonleuchtobjekte, die im Raum verteilt Anfang- und Endpunkte einer diagonal gespannten Fadeninstallation über den Köpfen der Besuchenden bilden. 

Dann fällt der Blick irritiert auf eine alte Frau, die in einem Schaukelstuhl sitzt. Die Figur ist eine hyerrealistische Puppe, die farbbeschmierte Kleidung und körperliche Merkmale beider Künstlerinnen trägt. Ursprünglich für eine gemeinsame Bühnenbild-Installation auf der 9. Biennale de Lyon 2007 entstanden, blickt die Künstlerinnenfigur in zusammengesunkener Körperhaltung, erschöpft mit einem Gehstock auf dem Schoß teilnahmslos eine der Neon-Lichtarbeiten an – hoffentlich nicht die Gefühlslage von Trockel und Djordjadze widerspiegelnd.

Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze, kapelle von venice, but without terror, 2017/2024 © Thea Djordjadze & Rosemarie Trockel / VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy the artists and Sprüth Magers. Foto: Ernst Jank

Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze, kapelle von venice, but without terror, 2017/2024 © Thea Djordjadze & Rosemarie Trockel / VG Bild-Kunst, Bonn 2024. Courtesy the artists and Sprüth Magers. Foto: Ernst Jank

Teilweise von den Säulen des Ausstellungsraumes verdeckt, wird auch eine große Installation mit vier Leinwänden gezeigt, die Rücken an Rücken auf einem niedrigen, mit Wasser gefüllten Podest stehen. Zwei der Leinwände sind in der für Trockel typischen Weise mit Wollfäden bespannt, die jedoch bereits ihre Spannung verloren haben. Auch das Wasserbecken impliziert eine Gefährdung des originalen Erhalts der Arbeiten. Ein lapidar über die einzelnen Teile geworfenes Seil unterstreicht den Eindruck, den gewohnten Erwartungen an ein vollendetes Kunstwerk explizit nicht entsprechen zu wollen. 

Mit Bezug auf die Überlegungen des Dichters Arthur Rimbaud über Schönheit stellen die Werke konventionelle ästhetische Konzepte infrage. Wie sich die Künstlerinnen etablierten Regeln des künstlerischen Schaffens und Präsentierens von Kunst widersetzen und stattdessen auf reine Intuition setzen, steht Ausstellungskonzepten der Institutionskritik nahe. Dabei hinterlässt die Präsentation auch als Gesamteindruck die Assoziation eines Bühnenbildes – in dem kurzen Moment, bevor das Licht an- und das Theater losgeht. Was hier jedoch nicht geschieht.

 Ausstellungsansicht, Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze. limitation of life, Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus

Ausstellungsansicht, Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze. limitation of life, Lenbachhaus, 2024. Foto: Lukas Schramm, Lenbachhaus

Städtische Galerie im Lenbachhaus

Luisenstraße 33, 80333 München
Deutschland

Rosemarie Trockel / Thea Djordjadze.

limitation of lifE

bis 27.04.2025

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