Thomas Reinhold: Das Bild und sein Double

Thomas Reinhold, Bild, 2020, Öl auf Leinwand, 70,5 x 65,5 cm, Courtesy Galerie bei der Albertina, Zetter

Thomas Reinholds Malerei ist einprägsam. Er erforscht sie empirisch und anhand des malerischen Prozesses per se. Die Möglichkeiten, die Farbschichtung als Ausdruck der Zeitlichkeit des Malakts auf dem Gemälde in ein Erlebnis räumlicher Tiefe zu verwandeln, beschäftigen ihn ebenso wie die Facetten der Wahrnehmung. Aktuell präsentiert Katharina Zetter Werke des Künstlers in den, im Vorjahr eröffneten Räumen von Zetter.Projects.


Thomas Reinhold (*1953 Wien) der lange in Wien in einem Atelier in der Leopoldstadt arbeitete, zog vor ein paar Jahren nach Walkersdorf in Niederösterreich in ein großzügigen, lichtdurchfluteten Atelier mit Blick auf die Felder und den Wagram in der Nähe von Krems. Eine Auswahl aus dieser aktuellen Schaffensperiode ist nun neben früheren Bilder wie „Enchanté“ (2007) bei Zetter.Projects zu sehen. Reinholds malerisches Mittel ist die fluide Eigenschaft und die Materialität der Farbe an sich. Diese wird nicht mit dem Pinsel aufgetragen, sondern geschüttet – auf Basis einer vorab konzipierten Bildkomposition. Farbe, Material, Fläche und Komposition rücken im Verlauf einer durchstrukturierten Vorgangsweise von nacheinander ablaufenden Prozessen und Schichtungen in den Mittelpunkt seiner Auseinandersetzung mit dem Bild. Durch die Lagen von durchscheinenden und opaken Farbflächen, entsteht eine neue Dimension malerischer Räumlichkeit.

Thomas Reinhold arbeitet in Werkreihen, die jeweils unterschiedliche Möglichkeiten des Bildaufbaus durchdeklinieren. Sie sind im eigentlichen Sinn nie abgeschlossen und durchziehen kontinuierlich seine künstlerische Praxis. Diese billigt seinen Formen, den Farbfeldern, Tropfen und Schlieren stets eine autonome Aussagekraft zu. Sie stellen keine Abstrahierung der gesehenen Wirklichkeit dar, sondern sind Malerei per se – die Farbe hat in seinen Bildern ein unmissverständlich unabhängiges Daseinsrecht.

Ausstellungsansicht Das Bild und sein Double, Thomas Reinhold, Zetter.Projects, 2025

Ausstellungsansicht Das Bild und sein Double, Thomas Reinhold, Zetter.Projects, 2025

Mein Interesse gilt dem Strukturellen und Prozessualen, dem Konzept einer Innovation des malerischen Raums, der durch Überlagerung von Schichten wie von alleine wächst.

Thomas Reinhold

Mit Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Gemälde der Reihe „Curva“. Sie dokumentiert einmal mehr Reinholds Suche nach neuen Möglichkeiten zur Gestaltung des malerischen Raums. Jenseits einer „auch in der abstrakten Malerei stets noch vorhandenen Orientierung an der Zentralperspektive“, so Reinhold. So ergibt sich der Aufbau seiner Bilder allein aus dem Zu- und Übereinander der Farbflächen und dem Zusammenspiel mit dem Bildgrund – jenseits der räumlichen Wahrnehmung einer empirischen Realität.

Und auch der Ausstellungstitel verweist auf das kontinuierliches Interesse des Malers eine Bildkonzeption zu entwickeln, die traditionelle Parameter einer räumlichen Konstruktion hinter sich zu lassen und eine neue Realität, nämlich jene des Bildes schaffen. Er bezieht sich dabei auf das Buch des französischen Theatermachers und Schauspielers Antonin Artaud „Das Theater und sein Double“, der darin eine Auffassung von Theater als etwas propagiert, das sich nicht der Nachahmung von Realität verschrieben hat, sondern auf transformative und wirklichkeitsgestaltende Prozesse fokussiert, wie die Kunsthistorikerin Lisa Ortner-Kreil in ihrer Eröffnungsrede erklärte.

Der Zufall ist zwar nicht ausgeschlossen, folgt jedoch der Regie des Malers.

Silvie Aigner
Thomas Reinhold, Curva, 2023, Öl auf Leinwand, 70 x 65 cm, Courtesy Galerie bei der Albertina, Zetter

Thomas Reinhold, Curva, 2023, Öl auf Leinwand, 70 x 65 cm, Courtesy Galerie bei der Albertina, Zetter

„Mein Interesse gilt dem Strukturellen und Prozessualen, dem Konzept einer Innovation des malerischen Raums, der durch Überlagerung von Schichten wie von alleine wächst.“, so Thomas Reinhold im Interview mit PARNASS.
Was aussieht wie zufällige Überlagerungen ist ein kalkuliertes Chaos. Die Dynamik, Bewegung, die Spannung und die Konstruktion des Raumes wird vom Künstler vorab konzipiert und überlegt. Denn die Farbe unternimmt nur scheinbar von allein ihre Schritte, rinnt und verdichtet sich – der Zufall ist zwar nicht ausgeschlossen, folgt jedoch der Regie des Malers.

Die Bilder sind Ergebnisse vielschichtiger Prozesse, in denen die Farbe entlang gezogener Linien per Hand geschoben wird und auch durch das Bewegen der Leinwand über die Bildfläche bewegt wird. Die Prägnanz seiner Bilder liegt in der malerischen Meisterschaft begründet, mit welchen Thomas Reinhold die Gewichtung von Farbe und Form zu einer Bildkomposition verbindet. Reinhold entwickelt in den  „Curves“ einen spannenden Dialog von geometrischen Formen und sich frei entfaltender Farbe.

Ausstellungsansicht Das Bild und sein Double, Thomas Reinhold, Zetter.Projects, 2025

Ausstellungsansicht Das Bild und sein Double, Thomas Reinhold, Zetter.Projects, 2025

Zetter.Projects

Lobkowitzplatz 1, 1010 Wien
Österreich

THOMAS REINHOLD. DAS BILD UND SEIN DOUBLE

bis 22. Februar 2025