Sophie Hirsch

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett

Unter dem Titel „Child’s Play“ befragt Sophie Hirsch die Regeln am Spielplatz Kunst und macht deutlich, dass ihre Kunst längst nicht mehr in Kinderschuhen steckt.


Kunst darf auch Spaß machen. Ein Kinderspiel ist sie freilich trotzdem selten. Wenn Sophie Hirsch mehrere Meter und viele Kilo silikonierten Stoff mit dünnen Alustangen balanciert, ist das mehr als ein gut ausverhandeltes Spiel der Kräfte. Es ist auch ein großer Schritt innerhalb der Künstlerinnenkarriere – weg von der Wand und vom Boden als Bezugsräume, weg vom Maßstab in Augenhöhe. 

Für die „Industriebasilika“, wie Hirsch die Halle des Kunstraum Dornbirn durchaus wertschätzend bezeichnet, wollte sie einen vielfältigen Spielplatz kreieren. 

Das Spiel ist eine Parallelwelt, in der man jede Emotion zeigen darf, ohne ihr Relevanz im echten Leben zu geben.

So beschreibt die Künstlerin im Wiener Atelier den Reiz ihrer Überlegungen in der Planung für Dornbirn. Die große Halle zwingt sie zu neuen Dimensionen, ein sehr lohnendes Ereignis. So führt Hirsch in ihrem Werk bereits vorformulierte Zusammenhänge nun sehr spielerisch und verführerisch neu aus.

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett

Im Zentrum stehen drei Gerüstkomplexe, welche in der Systematik ihrer modularen Teile gleich sind, jedoch zu unterschiedlichen Konstruktionen entwickelt werden. Die auffälligste Gruppe nutzt das Gerüst als Rahmen für eine mehrteilige Silikon-/Stoffarbeit. Zielgerichtete Ganzkörpertrainings nach den Pilates-Prinzipien faszinieren Sophie Hirsch ebenso wie Outdoor-Gyms und Muskelspiele. Aus dieser Liebe zu Sportgeräten erklärt sich das überdimensionierte Spielgerüst mit Textil-Gast.
Seit vielen Jahren setzt sich die Künstlerin mit der ästhetischen Kraft von Stoff und Silikon auseinander. Nun aktivieren Sprungfedern die Spannung im Gewebe. Das tiefe Orangerot muss natürlich auch mit Fleisch und Faszien-Gewebe assoziiert werden. Die Textilobjekte funktionieren als Metapher, aber auch für sich als schier unendliche Ornamente, die der technische Zufall entstehen ließ und weiter entstehen lässt – das Silikon saugt nach und nach die Farbe des darunter liegenden Stoffes auf und verfärbt sich weiter.

Verweise auf Körperkult, Wellness und Wellbeing gehören auch zu den anderen Konstruktionen der Schau. Humor beweist die Künstlerin, indem sie die Funktionalität der Produkte der Sportindustrie ad absurdum führt: Massagebälle werden mit Beton befüllt, ein Gerüst darf nicht als Sprossenwand interpretiert werden, weil das Alu keine Körper tragen kann. 

PARNASS begleitet die 1986 in Wien geborene Sophie Hirsch bereits seit 2017. Damals stellten wir die Künstlerin im Rahmen unseres Up&Coming Specials (dessen nächste Ausgabe übrigens im August 2025 erscheint – jetzt vorbestellen) vor, 2022 folgte eine gemeinsame Ausstellung auf der PARALLEL VIENNA sowie eine limitierte, gemeinsam mit der Künstlerin entwickelte PARNASS Edition

Die Inszenierung in Dornbirn markiert nun eine neue Dimension im Schaffen von Hirsch. Während sie bisher entlang der eigenen Körpermaße arbeitete und zum Beispiel mitbenutzbarem Mobiliar sehr nah an die Betrachter:innen agierte, fordert sie die Besucher:innen nun physisch distanzierter heraus. Der Kunstraum Dornbirn wird zum Erlebnisparcours, die Installation soll nicht nur umschritten, sondern durchschritten werden. Wie auf einem Spielplatz gibt es unzählige Winkel und Ecken, die dazu animieren, die eigene Körpererfahrung sowie die Raumwahrnehmung im Wechselspiel von Versteck und Display zu reizen. Die Rauminstallation begreift sich in kleinen Gruppen, ähnlich wie sich auch am Spielplatz verschiedene Geräte und Hürden verteilen. In der Mitte der Halle wird ein Rückzugsort suggeriert.

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett

Doch der Ruhepol ist nur ein flüchtiger Moment. Zum Sport gehören auch seine Zuschauer:innen. So inszeniert Hirsch eine Tribüne des Spektakels am hinteren Hallenende. Ihre Stangen, welche wie Stufen wirken, sind mit einer Vielzahl unerreichbarer roter Faszienrollen überzogen. Sie wirkt bedrohlich nicht nur in der Höhe – am höchsten Punkt sieben Meter –, sondern auch durch die Fragilität zusammengesteckter Stangen. Alles scheint, als könnte es bald einstürzen. Doch Hirsch kennt Physik mindestens genauso gut wie die Sportler:innen-Mentalität – man muss bis an die Grenze gehen, um den vollen Adrenalinrausch zu erfahren.

SOPHIE HIRSCH. CHILD'S PLAY

Kunstraum Dornbirn

bis 09.06.2025

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett

Sophie Hirsch, Child’s Play, Ausstellungsansicht, 2025, Kunstraum Dornbirn, © Sophie Hirsch / Bildrecht, Wien 2025, Courtesy the artist, Galleria Doris Ghetta, Zeller van Almsick, Fotos: Günter Richard Wett