»sensational and antigenerative successions« bei Nir Altman, München
Nir Altman
Ringseisstraße 4 RGB, 80337 München
Deutschland
KünstlerIn: Brandon Covington Sam-Sumana, Steffani Jemison, Ndayé Kouagou, Kengné Téguia
Titel: sensational and antigenerative successions
Datum: 26. Oktober bis 22. Dezember 2019
Fotografie: Courtesy Nir Altman | Foto: Dirk Tacke
Notiz: Kuratiert von Cédric Fauq
Ausstellungstext:
Die Ausstellung beginnt mit einem Brief („liebe Mutter“), adressiert an die einflussreiche Person, die nun längst vergangen ist, aber einst den Maßstab setzte. Wenn die Sehnsucht schwindet, fragst Du dich: kann man mittels Musik in die Vergangenheit reisen? Und Du findest den Schlüssel – das Wiedererfinden eines Beats bringt keinen Fortschritt („geh voran“); es verhilft lediglich zum horizontalen Zeitreisen. Du lernst: wenn es nichts mehr zu verlieren gibt und der Vergangenheit auch nichts mehr zu entlocken ist, warum dann nicht gleich das Erbe verwerfen? Sich dem Schuldenfreien zuwenden. CF
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Die Ausstellung wird erst am Eröffnungsabend durch die Performance “I DON'T WANT ANY OF THIS TO BE PART OF ANY OF THAT” von Ndayeé Kouagou um 20:00 Uhr vervollständigt.
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Dieses Projekt ist das Resultat meiner langfristigen Auseinandersetzung mit Ausstellungen als Format, das ich zugleich nutzten und manipulieren kann, um das Schwarz-Sein über die bildliche Darstellung hinaus zu hinterfragen. sensational and antigenerative successions ist bereits die dritte Ausstellung einer fortlaufenden und nicht endenden Reihe von „Ausstellungs-Studien“, die der Überzeugung entspringen, dass es notwendig ist, der großen Menge an Bildern und Darstellungen, die in Medien und heutzutage mehr als je zu vor auch in Ausstellungen kursieren (ein neues Phänomen, dass, trotz aller Dringlichkeit, hinterfragt und herausgefordert werden muss), Alternativen entgegenzusetzten. (Die erste „Ausstellungs-Studie“ dieser Reihe fand unter dem Titel „Le Colt est Jeune et Haine“ (Der Colt ist Jung und Hass) im DOC, Paris statt. Die zweite, genannt „The Share of Opulence; Doubled; Fractional“ (Der Anteil von Reichtum; Verdoppelt; in Bruchstücken) wurde bei Sophie Tappeiner in Wien gezeigt. Beide Ausstellungsprojekte liefen 2018.)
Als ich von Nir eingeladen wurde, eine Ausstellung in seinen Räumlichkeiten zu realisieren, musste ich an meine Verbindung zu München denken. Obwohl da nicht viel ist, nimmt München einen besonderen Fleck in meinem Herzen und meinen Erinnerungen ein, da es die erste Stadt ist, in die ich ganz gezielt wegen einer Ausstellung gereist bin. Es handelte sich um die von Okwui Enwezor kuratierte Einzelschau von Matthew Barney River of Fundament (17.03.14 — 17.08.14). Ich erinnerte mich, wie ich nachdem ich die Ausstellung ein zweites Mal besucht hatte, einen Brief schrieb: adressiert an den nun verstorbenen Kurator. Ich hatte die Tür zu seinem Büro bemerkt und wollte den Brief ursprünglich einfach durch den Spalt schieben. Dann fiel mir jedoch die leicht ausgeprägte Gruseligkeit dieser Geste auf, sodass ich mich dazu entschloss, den Brief lieber an der Rezeption abzugeben mit der Bitte um Weiterleitung.
Natürlich war meine Erinnerung an diese Anekdote auch dem Umstand geschuldet, dass Enwezor erst kürzlich verstorben ist. Man kann diese Ausstellung also als einen weiteren Brief auffassen. Einer, der es nicht vorsieht, beantwortet zu werden. Ein Brief, der nach Zugehörigkeit strebt und dabei nicht um Erlaubnis bittet: ein Vermächtnis, das nicht zur Gänze beansprucht wird. Auf eine bestimmte Art und Weise kann dieser Brief auch als Symphonie gelesen werden. Alle Künstler, die an der Ausstellung sensational and antigenerative successions beteiligt sind, haben eine ausgeprägte Verbindung zur Musik. Sie sind Musiker, DJs, Komponisten, Interpreten. Um genau zu sein, liegt der rote Faden dieses Projektes in der musikalischen Formensprache, die allen innewohnt: Bei Kengné Téguila findet sie sich in den Lyrics und der Melodie, bei Steffani Jemison in kodierten Botschaften und der Notenschrift, bei Ndayé Kouagou wird das Branding zum Maßstab und bei Brandon Covington Sam-Sumana steht die Aneignung synthetisierter Stimmen im Fokus.
Es folgen die Biografien der Künstler und einige Zitate, die sich auf ihr Werk beziehen. CF
Brandon Covington Sam-Sumana ist ein multimedialer Künstler und Producer, dessen Werk Themen, wie Währung, Vergänglichkeit, narrative Strukturen und den Stoffwechsel im übertragenen Sinn untersucht. Seine Beiträge umfassen musikalische Projekte, generative Designobjekte, Exkurse in Finanzspekulationen, Video und bildende Kunst. Er wurde Mitte der 1990er Jahre in aus Fayetteville, NC, USA geboren.
Steffani Jemison lebt und arbeitet in Brooklyn, New York. Zu ihren jüngst vergangenen Ausstellungen gehören: Jeu de Paume (2017), CAPC Bordeaux (2017), MASS MoCA (2017), Nottingham Contemporary (2017), RISD Museum (2015), und das Museum of Modern Art (2015). Einzelscreenings ihrer Videoarbeiten wurden aufgeführt im Lincoln Center: Art of the Real (2018) und im Gene Siskel Film Center: Conversations at the Edge (2018). Jemison’s Werke sind Teil der Whitney Biennial 2019, sowie der wandernden Gruppenausstellung Black Refractions: Highlights from The Studio Museum in Harlem (2019-2020).
Ndayé Kouagou (*1992, Frankreich) ist ein Paris ansässiger Künstler, dessen Schaffen immer von Texten ausgeht, die er selbst schreibt. Ob nun gewollt oder unfreiwillig durcheinander, versucht er so gut es ihm gelingt, drei Kernthemen zu reflektieren: Legitimität, Freiheit und Liebe. Das Resultat ist… was es nun mal ist. Er beschreibt seine Arbeit als „sehr interessant, aber nicht so interessant oder vielleicht auch gar nicht interessant.“ Sein Werk wurde u.a. bei Auto Italia South East in London, in der Centrale Fies in Drau, Italien und in der Galerie Lafayette Anticipations in Paris gezeigt. Letztere ermöglichte ihm auch den Launch seines Publikationsprojektes YBR* (Young Black Romantics).
Kengné Téguia (*1987, Frankreich) ist ein Pariser Künstler. Er galt zunächst als Autodidakt, besuchte dann jedoch 2014 die École des Beaux-Arts in Nantes und anschließend 2017 die École nationale supérieure d'arts de Paris Cergy. Als Performer und Kameramann tätig, steht in seinem Werk – das durch den Filter einer queeren Ästhetik, des experimentellen Kinos und der Popmusik gezogen wird, die Figur und der Entwicklungsstand des Cyborgs im Mittelpunkt. In diesem doppelten Raum schöpft Kengné Téguia sowohl seinen Körper als auch seine Taubheit aus. Er hat mit den Künstlerkollektiven The Cheapest University, Black(s) to the Future und The Community kollaboriert. Seine Texte wurden in der Zeitschrift The Funambulist publiziert und seine Arbeiten wurden in verschiedenen Ausstellungsorten gezeigt, darunter im Palais de Tokyo, im Bétonsalon, im Gaïté Lyrique, in der Galerie Treize, im BFI Southbank, im Wexner Center for the Arts und im Mix NYC. Er wird von Light Cone vertreten (Caroline Honorien).
Cédric Fauq (*1992) ist ein französischer Kurator und Autor. Er arbeitet derzeitig als Kurator am Nottingham Contemporary, wo er 2017 seine Laufbahn als Assistenzkurator begann. Zuvor war Cédric Fauq Mitbetreiber des Projektraums clearview.ltd in London. Er hat die baltische Triennale XIII co-kuratiert und konzipierte 2018 Ausstellungsprojekte für DOC, Paris, und Sophie Tappeiner, Wien. In den Jahren 2019/2020 kuratiert er neben dieser Ausstellung eine weitere bei Cordova, Barcelona. Er hat unter anderem im Mousse Magazin publiziert und als Redner am Tate Modern gesprochen.