Muntean/Rosenblum

"Mirror of Thoughts" in Frankfurt

Muntean/Rosenblum, Untitled (“To hope is dangerous…”), 2023, Öl, Pastellkreide auf Leinwand, 158 x 189 cm, Courtesy of the artists, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Sandro E.E. Zanzinger Photographie 2023

Frankfurt am Main: Unter dem Titel „Mirror of Thoughts“ sind in der zweiten Hälfte des Jahres im Metzler-Foyer des Städel Museums elf aktuelle großformatige Gemälde und eine Videoarbeit des Künstlerduos Muntean/Rosenblum zu sehen.


Wir machen figurative Malerei, aber keine realistische Malerei.

Adi Rosenblum

„Wie unter einem Brennglas nähert sich das internationale Künstlerduo Muntean/Rosenblum zentralen Themen unserer Gegenwart: den Ambivalenzen der menschlichen Existenz, den wachsenden Unsicherheiten des Individuums und dem durchdringenden Gefühl der Vergänglichkeit innerhalb unseres hektischen Alltags“, beschreibt die Kuratorin der Ausstellung Svenja Grosser die künstlerische Praxis des Duos. „Sie fügen sich mit ihrem Œuvre durch die Verklammerung von Gegenwart und Vergangenheit auf beste Weise in das Städel Museum und seine über 700 Jahre Kunstgeschichte vereinende Sammlung ein.“

Ausstellungsansicht Muntean/Rosenblum. Mirror of Thoughts, Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

Ausstellungsansicht Muntean/Rosenblum. Mirror of Thoughts, Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

 

Ein nüchterner Warteraum, eine Bank und drei junge Menschen, modern gekleidet, jeder in eine andere Richtung blickend, ohne Kommunikation und fast ein bisschen hoffnungslos wirkend, sind auf einem Bild zu sehen.
Auf einem anderen fahren etliche Personen auf einer langen Rolltreppe herunter. Auch sie, ohne miteinander zu interagieren.

 

Für Svenja Grosser sind die Bildkompositionen von Muntean/Rosenblum Grenz- und Gratwanderungen. „Aus ihrem reichen Bilderfundus aus Fotografien schöpfend, entwerfen sie mit den Mitteln der Malerei surreale, collagierte Szenerien an der Schnittstelle zwischen Konzeptkunst und figurativer Genremalerei.“
Es geht dem Künstlerduo auch nicht um konkrete Orte oder Personen, sondern um „Pathos, Melancholie und Vergänglichkeit“.

Muntean/Rosenblum, Untitled (“To hope is dangerous…”), 2023, Öl, Pastellkreide auf Leinwand, 158 x 189 cm, Courtesy of the artists, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Sandro E.E. Zanzinger Photographie 2023

Muntean/Rosenblum, Untitled (“To hope is dangerous…”), 2023, Öl, Pastellkreide auf Leinwand, 158 x 189 cm, Courtesy of the artists, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Sandro E.E. Zanzinger Photographie 2023

Eines unserer Hauptthemen ist das unaufhebbare Eingeschriebensein der menschlichen Existenz in Vergänglichkeit und Ambiguität.

Markus Muntean

„Wir machen figurative Malerei, aber keine realistische Malerei, wir entwickeln einen malerischen Raum auf Basis von Fotos aus Social Media und Magazinen und konstruieren Bildmotive, die lesbar sind“, beschreibt Adi Rosenblum die Vorgehensweise. Sie, die in Israel geboren wurde, hat den Grazer Markus Muntean schon in den späten 1980er-Jahren in Österreich kennengelernt. Zu einer Zeit, als die Malerei „gebasht wurde“, wie sie rückblickend sagt.

„Figurative Malerei wurde lange Zeit als Propagandakunst gesehen, nur abstrakte Malerei hingegen als modern und zeitgenössisch.“ Muntean/Rosenblum sind dennoch dabeigeblieben. Heute arbeiten sie jeweils beide an jedem ihrer Bilder. Wenn das Konzept steht, das Sujet gewählt und die Bildkomposition vage angelegt ist, ging es früher mit Acryl und Öl los, heute mit Pastellstiften und Kreidepulver. Die beiden haben experimentiert und gesehen, dass sich das Licht im Kreidepulver bricht, wodurch besondere Effekte entstehen, die Pathos und Emotion der Bildinhalte verstärken.

Muntean/Rosenblum, Untitled (“Nothing fixes a thing…”), 2010, Öl auf Leinwand, 62 x 60 cm, Privatsammlung, Wien, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Jens Preusse

Muntean/Rosenblum, Untitled (“Nothing fixes a thing…”), 2010, Öl auf Leinwand, 62 x 60 cm, Privatsammlung, Wien, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Jens Preusse

Inhaltlich geht es in Frankfurt nun um Urbanes, wobei Muntean/Rosenblum Gestaltungsprinzipien aus der Kunstgeschichte mithilfe zeitgenössischen Fotomaterials in die Gegenwart holen. Sie platzieren Figuren aus unterschiedlichen Kontexten in imaginären Räumen oder Landschaften und schaffen damit ihre eigenen Bildwelten. Den Gemälden beigefügte Texte verstören oftmals. „Sie dienen nicht als Erklärungen, sondern machen neue Situationen auf “, so Markus Muntean. „Sie stammen aus literarischen Quellen, sind manchmal von uns verändert und changieren zwischen allgemeiner Reflexion und poetischen Beobachtungen.“

In dem gezeigten Video mit dem Titel „This is not an exit“ spiegelt sich die „repetitive Struktur der von den Darstellern angedeuteten Parcourspraxis und eines unserer Hauptthemen wider – das unaufhebbare Eingeschriebensein der menschlichen Existenz in Vergänglichkeit und Ambiguität“, beschreibt Markus Muntean.

Ausstellungsansicht Muntean/Rosenblum. Mirror of Thoughts, Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

Ausstellungsansicht Muntean/Rosenblum. Mirror of Thoughts, Foto: Städel Museum - Norbert Miguletz

In den Atelierräumen des Künstlerpaares mitten im sechsten Wiener Gemeindebezirk herrscht arbeitsame Stille. Große, hohe Räume, die durch Betonstelen unterbrochen sind, charakterisieren den offenen Teil des Ateliers, der von der Straße einseh- und begehbar ist und als kommunikative Fläche genützt wird.

Erst in den hinteren Räumen, gut versteckt, wird tatsächlich gearbeitet. Hier sind große Staffeleien aufgestellt, zusätzlich Leinwände an die nackte Wand gepinnt. Türme von Schwämmen und anderen Materialien, Mengen von Pinseln und Stiften, an Farben und Pulver überall. Große Scheinwerfer leuchten die unfertigen Bilder an, die den Besucher magisch in ihren Bann ziehen. Inspiration kommt für das Künstlerduo aus Büchern, Musik und von Erlebtem. Sie „widersetzen sich dem Versuch, alles zu glätten“, wie Adi Rosenblum sagt, sondern weisen vielmehr in ihren Bildwelten auf Egoismus, Narzissmus und Vergänglichkeit hin – „nicht als Mission oder mit erhobenem Zeigefinger, sondern als Beobachtung.“

Atelierräume von Muntean/Rosenblum, Foto: PARNASS

Atelierräume von Muntean/Rosenblum, Foto: PARNASS

Muntean/Rosenblum, Untitled (“Knowledge would not necessarily…”), 2023, Öl, Pastellkreide auf Leinwand, 195 x 293 cm, Jorge M. Pérez Collection, Miami, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Sandro E.E. Zanzinger Photographie 2023

Muntean/Rosenblum, Untitled (“Knowledge would not necessarily…”), 2023, Öl, Pastellkreide auf Leinwand, 195 x 293 cm, Jorge M. Pérez Collection, Miami, © Muntean/Rosenblum, Foto: © Sandro E.E. Zanzinger Photographie 2023