Helen Frankenthaler – think and move and make

Die größte Privatsammlung von Werken Helen Frankenthalers (1928–2011) wird erstmalig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
FRANKENTHALER MACHT DEN SOLO-START
Ab den 1980er-Jahren hat der Wiesbadener Unternehmer Reinhard Ernst seine Kunstsammlung aufgebaut. In einem solchen Umfang, dass im Sommer 2024 die Eröffnung des eigenen Museums für abstrakte Kunst in Wiesbaden folgte. Hier sind nicht nur Sammlungspräsentationen zu sehen, sondern nun auch die erste Soloausstellung. Mit 50 Gemälden aus insgesamt 50 Schaffensjahren ist Helen Frankenthaler ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Sammlung Reinhard Ernst. Im Bestand sind auch Arbeiten von ihrem Lehrer, Hans Hofmann, Arbeiten ihres Mannes, Robert Motherwell, und Positionen ihrer Freunde – Kenneth Noland, Lee Krasner, Friedel Dzubas.
I’d rather think and move and make than halt.

Helen Frankenthaler, Pyramid, 1988, Acryl auf Leinwand, 169 x 166,5 cm, © Helen Frankenthaler Foundation, Inc. VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Courtesy of Christie's
Nun steht aber sie selbst im Fokus
Als Maler-Pionierin und eine der wichtigsten Vertreterinnen des abstrakten Expressionismus wird Helen Frankenthaler mit 33 ausgestellten Arbeiten in einem Rundgang durch vier Jahrzehnte gewürdigt. Ihren Willen zur Erneuerung und ihr schöpferisches Selbstverständnis erklärte sie Anfang der 1970er-Jahre in jenem Zitat, das in verdichteter Form der Schau den Titel verleiht. ‚I’d rather think and move and make than halt‘ („Ich denke lieber, bewege und mache, als stehen zu bleiben“).
In der New Yorker Kunstszene der 1950er-Jahre setzte sich die damals 23-Jährige mit ihrer Erfindung der Soak-Stain-Technik durch, bei der sie verdünnte Farbe in unbehandelte Leinwandbahnen einsickern ließ. Als eine der ersten Künstler:innen jener Zeit rollte sie die Leinwand auf dem Boden aus und verteilte die Farbe mit Schwämmen und Bürsten auf der Oberfläche – eine revolutionäre Geste. Sie schuf Kompositionen, die das Verhältnis von Farbe, Form und Raum neu ausloteten.
Frankenthalers Schaffen ist ein wesentlicher Beitrag zu einem entschieden modernen Künstler:innenverständnis, bei dem bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts Autorenschaft und Kontrolle unangefochten im Vordergrund standen. Sie beschritt einen anderen Weg als die männlichen Zeitgenossen, die actionreich Pinselhiebe und Farbtropfen fliegen ließen.
Mit ihrem ureigenen Soak-Stain eröffnete sie der Malerei neue Räume. Heute wird Helen Frankenthaler als wegweisende Vermittlerin zwischen Action Painting und Farbfeldmalerei gefeiert. Sie gab der US-amerikanischen Nachkriegskunst eine entscheidende Wendung.

Helen Frankenthaler, Foto: GettyImages