Gallery Diary - Galerie Martin Janda | Julius Koller

Die Galerie Martin Janda zeigt noch bis 23. April 2022 die vierte Einzelausstellung des renommierten slowakischen Künstlers Július Koller, kuratiert von Daniel Grúň.


Das Plus- und das Minuszeichen sind nicht nur in der Mathematik wichtig, sondern auch in anderen Wissensgebieten – man denke an den Rhesusfaktor des Bluts oder an die elektromagnetischen Pole. Sie stehen nicht nur für Wachstum und Schrumpfung der Wirtschaftsleistung, sondern auch für das Auf und Ab der Beliebtheit von Politiker:innen. In den Medien werden sie oft mittels steigender bzw. fallender Kurven dargestellt, was für die quantitative Art spricht, mit der wir die Welt denken.

Die Ausstellung bezieht sich auf die binäre Basis der beiden Symbole. Bereits in den Sechzigerjahren tauchten Plus und Minus in Július Kollers frühen Malereien in Comic-Sprechblasen auf. In den Siebzigerjahren erschienen sie dann auf seinen Textkarten wieder. Schließlich platzierte sie der Künstler auf ein Möbiusband als Metapher dafür, wie relativ schnell sich politische Ansichten und Ideale ändern oder umpolen. Wie in seinem Gesamtoeuvre weitet Koller auch in den hier präsentierten Arbeiten Plus und Minus als effektive Kommunikationssignale auf die Alltagssphäre aus. In seinen Cultural Situations fungieren sie als universelle kulturelle Kodierungssysteme. Sie verweisen auf prosaische Situationen, in denen die Grenzen zwischen Innen und Außen, zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Kunst und Nicht-Kunst verschwimmen. Koller zeigt damit aber auch eine Methode auf, diese Widersprüchlichkeit zu erfassen und zu durchdenken.

Die Ausstellung ist in vier unterschiedlich strukturierte Teile gegliedert. Der erste Teil besteht aus Readymades aus Haushaltsobjekten, die durch Kennzeichnung mit den Kürzeln J.K. und U.F.O. zu Kunst erhoben werden. Eines davon ist DEZART (1973). Das Werk besteht aus einer leeren Pappschachtel, die ein fiktives Produkt verpackt, nämlich ein kulturelles Hygieneprodukt zur Beseitigung von schlechten sozialen Gerüchen. Es stammt aus einer Zeit, als der Künstler vermehrt die politische Atmosphäre seines Landes kommentierte. Indes passt DEZART auch zu aktuellen Fragen, besonders zur anhaltenden Pandemie.

Der zweite Ausstellungsteil besteht aus dem 1974 entstandenen Projekt realistického UFO (U.F.O.) mit einer Serie von neun Collagen aus Konsumgüterverpackungen. Der Werktitel spielt ironisch auf die Doktrin des sozialistischen Realismus an, die von allem akademisch ausgebildeten Künstler*innen forderte, den Kampf für eine klassenlose Gesellschaft zu thematisieren. Koller stellt diesen Kampf allerdings in einen Zusammenhang mit Konsum, Massenproduktion und technischer Reproduzierbarkeit. Durch die Isolierung verschiedener Produktverpackungen auf einem leeren Blatt schafft er neue Konsumikonen.

Ausstellungsansicht, Július Koller, Courtesy Galerie Martin Janda, Foto: kunstdokumentation.com

Der dritte Teil der Ausstellung umfasst Gemälde mit Tusche auf Papier sowie eine fotografische Dokumentation des Malprozesses. Die Fotografien von Kvetoslava Fulierová mit dem Titel Štetcovanie (U.F.O.) / Paintbrushing (U.F.O.) aus dem Jahr 1982 zeigen Július Koller bei der Arbeit in seiner Wohnung, die ihm als Atelier und Ausstellungsraum zugleich diente. Der Künstler demonstriert hier seine emphatische Rückkehr zur Malerei mit Pinsel und Tusche, mit denen er seine eigene Version von Neo-Expressionismus und Bad Painting schuf.

Der vierte und wichtigste Teil widmet sich Kollers Vertiefung in die magische Wellenform und keltische Symbole. Die Ausstellung präsentiert zwei Hauptwerke aus den frühen Neunzigerjahren, nämlich die Installation Nová Vážnosť (U.F.O) / New Seriousness (U.F.O) aus 1990 sowie die Malerei-Installation Veľké U.F.O. / Big U.F.O. aus 1995. Die Gitter- und Wellenformen zitieren weiterhin das Frühwerk Kollers.

Ausstellungsansicht, Július Koller, Courtesy Galerie Martin Janda, Foto: kunstdokumentation.com

Jedoch begann er erst 1974, sie auch als magische Symbole zu verwenden, und zwar im Zusammenhang mit dem Konzept einer unterirdischen Zivilisation und einer Kultur, die mit dem sagenumwobenen, versunkenen Atlantis in Zusammenhang steht.

Galerie Martin Janda

Eschenbachgasse 11, 1010 Wien
Österreich

Július Koller: Plus Minus U.F.O.

bis 23. April 2022