Eva Presenhuber: Papier als Projektionsfläche

05.05.25

Die erste Gruppenausstellung der Galerie Eva Presenhuber in Wien setzt auf Papier und Holz. Zeichen- und Druckkunst zwischen lakonischer Selbstbeobachtung, erotischer Metapher und gesellschaftlicher Reflexion stehen zur Verhandlung.

Mit Joe Bradley, Carroll Dunham, Alex Hank, Shara Hughes, Tobias Pils, Ugo Rondinone, Tschabalala Self, Steven Shearer und Josh Smith versammelt die Schau neun international etablierte Positionen, die Zeichnung und Druck als performative, meditative wie gesellschaftspolitische Praxis begreifen. Die Auswahl ist vielfältig, hochkarätig – und stellenweise auch (zurecht) hochpreisig.

Joe Bradley (*1975, USA) reflektiert mit manischen Kritzeleien die Geste als Spiegelbild des Kunstsystems; Carroll Dunham (*1949, USA) übersetzt den Holzdruck in grotesk überzeichnete Körperfantasien. Alex Hank (*1975, Schweiz) konfrontiert maskuline Oberflächen mit zarter Graphitzeichnung. Zwischen gestischer Introspektion und analytischer Strenge, zwischen privater Intimität und öffentlicher Pose begreift die Ausstellung das Zeichnen als Werkzeug der Selbst- und Weltbefragung.

Joe Bradley, Untitled, 2020, Graphite on paper, gerahmt 52,5 x 68 x 4 cm, © Joe Bradley

Tschabalala Self, Lonely Girls #2, 2023, Collage of water-based screenprinting ink on Saunders paper, gerahmt 192 x 298,5 x 6,5 cm, © Tschabalala Self

Es geht auch um das bewusste Raum-Nehmen als Künstlerin.

Katharina Geymüller, Galeriedirektorin

Auffällig: Wie sehr das Private hier politisch wird. Tschabalala Self (*1990, USA) verhandelt in ihrer großformatigen Siebdruck-Collage „Homebodies“ das häusliche Ich als Projektionsfläche gesellschaftlicher Zuschreibungen. „Es geht auch um das bewusste Raum-Nehmen als Künstlerin“, erklärt Galeriedirektorin Katharina Geymüller. Die Albertina hat kürzlich ein Werk von Self erworben und plant es 2026 in einer Gruppenschau zu zeigen.

Auch Shara Hughes (*1981, USA) arbeitet aus dem Privaten heraus: Ihre Miniaturlandschaften in Aquarell, Pastell und Buntstift oszillieren zwischen naivem Spiel und kompositorischer Präzision – und erinnern nicht zufällig an die Bildsprache digitaler Sehnsuchtsräume.

Shara Hughes, Orange Lake, 2024, Mixed media on paper, 38 x 28,5cm, © Shara Hughes

Ausstellungsansicht, Zeichnungen und Drucke / Drawings and Prints, Galerie Eva Presenhuber, Vienna, 2025

Was in sozialen Medien als hypermaskuline Pose kursiert, dekonstruiert Steven Shearer (*1968, Kanada) mit melancholischer Ironie. Ugo Rondinone (*1964, Schweiz) zeigt 60 Tagebuchzeichnungen voller Selbstporträts und Alltagsskizzen – sie changieren, so Geymüller, „zwischen absoluter Langeweile und totalem Drama – ganz wie ein gutes Tagebuch eben sein sollte“.

Den Reigen schließen Tobias Pils (*1971, Linz), bald mit Soloschau im mumok, und Josh Smith (*1976, Japan), dessen Monotypien das Medium selbst in permanente Schleifen versetzen.

Kurz gesagt: eine dichte Schau, die Vielfalt nicht mit Beliebigkeit verwechselt – und das Zeichnen als Seismograf gegenwärtiger Befindlichkeiten versteht. Frau Presenhuber darf ihre schönen Wiener Räume gerne häufiger mehrstimmigen Präsentationen widmen.