Anouk Lamm Anouks "Shifting Identities"

Das Werk von Anouk Lamm Anouk kann man aktuell kompakt in Wien entdecken.
Ein Tier, das an der Brust einer Frau hängt, ist für uns ein ungewöhnlicher Anblick, obwohl umgekehrt die Kuhmilch im Frühstückskaffee lange das Normalste der Welt war. Inzwischen gibt es hier differenziertere Betrachtungsweisen und pflanzliche Alternativen. Eine alternative Sicht auf unser Miteinander beschäftigt Anouk Lamm Anouk schon länger. Beziehungen sind keine Einbahnstraße, das gilt auch für jene zwischen Mensch und Tier. Das macht Anouk Lamm Anouk in der aktuellen Soloshow in der Galerie Michael Bella (Achtung neuer Standort!) deutlich. Hierfür wird anhand älterer Werke auch in die Vergangenheit ausgeholt – und raumfüllend installiert.
Forever being real and true to myself, true to you.

Anouk Lamm Anouk, Shifting Identities, Galerie Michael Bella, 2024-25, Foto: Simon Veres
Aktuell hingegen sind Anouk Lamm Anouks mehrteilige Rauminstallation „Herd“ von 2023, eine Pferdeherde, die über die Raumflucht hinweg montiert ist, sowie – ebenfalls ein Inflatable – ein durchsichtiges Pferd in Übergröße im Nebenraum. Dieses beansprucht normalerweise mehr Platz im Ausstellungsraum, aber, so betonte Anouk im Gespräch, entsteht nun, da das Objekt nahezu den gesamten Raum einnimmt, eine neue und stärker körperliche Wahrnehmung für die Betrachter:innen.
Anouks Werk folgt dem philosophischen Ansatz, dass alle Lebewesen in einem dynamischen Netzwerk miteinander verbunden sind, in dem keine Spezies über der anderen steht.
Ein bisschen was vom effekthascherischen Jeff Koons drängt sich natürlich in die Betrachtung, doch das greift zu kurz. Kontextualisiert man die Wahrnehmung des übergroßen Pferdes mit der Installation „Herd“, so öffnet sich der Blick. Anouk verweist damit nicht nur auf den Sonnenwagen der Mythologie, sondern mit dem Pferd als Metapher, auf das Potenzial des Matriarchats.
Stuten führen Herden an – nicht gewaltsam und rasch, sondern besonnen und umsichtig, erklärt Galeristin Anne Avramut. „Anouks Werk folgt dem philosophischen Ansatz, dass alle Lebewesen in einem dynamischen Netzwerk miteinander verbunden sind, in dem keine Spezies über der anderen steht. Sie zeigt wie tief die Verbindungen zwischen Identitätsfragen und die Fürsorge für andere Spezies verankert sind“, schreibt sie im Begleittext der Ausstellung.

Anouk Lamm Anouk, Shifting Identities, Galerie Michael Bella, 2024-25, Foto: Simon Veres
Ebendort findet sich auch ein kurzer Abriss Queerer Theorie und wie sich diese in Verbindung zum Werk Anouk Lamm Anouks setzen lässt. Es braucht aber gar nicht so viel Überbau. Die rohe, wie ausgewogene Malerei der, in der Schau gezeigten Arbeiten spricht für sich. Aber es ist eben nicht nur Malerei – Installationen und Objekte gehören seit jeher zur Auseinandersetzung von Anouk Lamm Anouk.
So erwirkt die Zusammenstellung einen raren Blick zehn Jahre zurück – ein übergroßes Lamm aus Samt wurde achtsam am Boden drapiert. Einst zeigte Anouk es – damals im Studium an der Akademie der bildenden Künste – im Semperdepot, nun wird das riesengroße Kuscheltier neu in Zusammenhang gebracht. „I miss the place where I am from“, ist der Titel, nicht nur dieser Arbeit, sondern auch eines sehenswerten neuen Diptychons.

Anouk Lamm Anouk, Shifting Identities, Galerie Michael Bella, 2024-25, Foto: Simon Veres
Wir fallen in die Welt und aus der Welt, es sind die einzigen Momente absoluter Ursprünglichkeit, fern von jeder gesellschaftlichen Anpassung. Mit diesen Gedanken experimentiert Anouk Lamm Anouk und tritt selbst auch immer mit dem Slogan „no age no gender no origin“ auf. „Forever being real and true to myself, true to you“ steht nun in Anouks Handschrift auf der Galeriewand zu lesen, das Gedicht rundet die kompakte Zusammenstellung wohltuend ab.
Wer sich in Österreich noch nie näher mit Anouk Lamm Anouk befasst hat, sollte dies jetzt tun. Denn der Sprung weiter ins Ausland zeichnet sich schon lange ab. Diese kleine, feine Ausstellung ist mitten in Wien und noch bis 7. Februar ohne Eintritt (Galerieausstellung) geöffnet.

Anouk Lamm Anouk, Shifting Identities, Galerie Michael Bella, 2024-25, Foto: Simon Veres
Galerie Michael Bella
Hahngasse 9/13, 1090 Wien
Österreich
Shifting Identities – Unfolding Being and Becoming beyond the Human
Anouk Lamm Anouk
bis 7. Februar 2025