Eine Banane stiehlt allen die Show

ART BASEL MIAMI BEACH

Art Basel Miami Beach 2019 © Art Basel

Ganz Miami ist im Bananen-Fieber. Der italienische Künstler Maurizio Cattelan hat auf der Art Basel Miami Beach auf dem Stand seines Galeristen Emmanuel Perrotin eine simple Banane mit grauem Klebeband an die Wand geklebt und sie mit dem Titel „Comedian“ versehen. Es ist eine Edition von drei. Innerhalb von wenigen Stunden nach der Eröffnung der VIP-Preview verbreiteten sich Bilder mit „#cattelan“ wie ein Lauffeuer auf den Social Media-Portalen. Vor dem Werk bildeten sich Menschentrauben. Und schon in den ersten Stunden wurden zwei der drei Exemplare für 120.000 US-Dollar an französische Sammlungen verkauft. 


 

Inzwischen ist der Preis auf 150.000 US-Dollar gestiegen, denn gleich mehrere Museen wetteifern um das dritte Werk. Am vorletzten Tag der Messe sorgte die Aktion des New Yorker Künstlers David Datuna dafür, dass die Banane nochmals durch alle Medien ging. Er nahm sie von der Wand und verspeiste sie mit der trockenen Bemerkung „Performance Kunst“ vor fassungslosen Zusehern. Und obwohl die Kunstwelt die Diskussion über den Kunstbegriff schon 1917 mit dem „Fountain“, dem ersten Readymade von Marcel Duchamp, geführt hat und das längst geklärt sein sollte, schaffen es Werke, wie das von Cattelan immer noch für große Aufregung zu sorgen. Von der Absurdität des Kunstmarktes ist da in den Medien die Rede, von Zynismus, ja selbst für die Kritik an der Ungerechtigkeit der Vermögensaufteilung zwischen Reich und Arm muss die Banane herhalten. Und ja, dagegen kann man auch nicht argumentieren. Aber wie Perrotin im Interview mit der New York Times anmerkte: “All artwork costs a lot of money”. Die Hysterie um die Banane hat der Kunst leider etwas die Show gestohlen. Dabei hat Miami, das normalerweise für farbenfrohe, leichtere Kunst bekannt ist, heuer mehr Kunst mit Tiefgang zu bieten

 

Die Hysterie um die Banane hat der Kunst leider etwas die Show gestohlen

Eva Komarek 

 

Galerie Emmanuel Perrotin/Maurizio Cattelan „Comedian“, Foto: © Angelika Svoboda, Art Basel Miami Beach 2019

Galerie Emmanuel Perrotin/ Maurizio Cattelan „Comedian“ Foto: © Angelika Svoboda, Art Basel Miami Beach 2019

Afrikanische Kunst liegt auch in Miami im Trend. Zu den aufstrebenden Jungstars zählt der in Wien lebende Amoako Boafo aus Ghana, der 2019 mit dem Strabag Preis ausgezeichnet wurde und nun von der auf afrikanische Kunst spezialisierten Galeristin Mariane Ibrahim vertreten wird. Seine ausdrucksstarken Porträts, die teilweise an Schiele erinnern, waren auf der Messe in kürzester Zeit ausverkauft. Die Arbeiten kosten zwischen 15.000 und 45.000 Dollar. Die Rubells, eine der bedeutendsten Sammlerfamilien in Miami, haben ihm im neu eröffneten Museum im Alapattah-Viertel einen eigenen Raum gewidmet. Auch Simphiwe Ndzube aus Kapstadt in Südafrika ist ein aufsteigender Stern am Firmament des Kunstmarktes. Auch ihm verhalfen die Rubells zum Durchbruch, nachdem sie seine Arbeiten während der letzten Art Basel Miami 2018 ausstellten. Aktuell ist eine große mehrteilige Installation auch auf der Biennale in Lyon zu sehen. Sein Solostand auf der Armory Show war in den ersten Stunden ausverkauft, auf der Art Basel Miami ist er am Stand der Stevenson Gallery zu finden. Die Werke kosten zwischen 18.000 und 50.000 US-Dollar. Die Pariser Galerie Templon reüssierte mit neuen Bildern des jungen Senegalesen Omar Ba. Seine Werke wurden unter anderem an den Louvre Abu Dhabi verkauft.  Als letztes  sei noch die afroamerikanische Fotografin Nona Faustine erwähnt, die mit ihren kraftvollen Selbstporträts an historischen Orten New Yorks an den Sklavenhandel erinnert. Heuer hat sie gleich zehn Kunstpreise abgeräumt und erlebt gerade einen enormen Höhenflug. Auf der Messe hat sie Two Palms im Programm und bietet ihre Fotografien für 8500 US-Dollar an.

Galerie Mariane Ibrahim/Amoako Boafo Installationsansicht, Foto: Courtesy of the artist und Galerie Mariane Ibrahim

Galerie Mariane Ibrahim/Amoako Boafo Installationsansicht, Foto: Courtesy of the artist und Galerie Mariane Ibrahim, Art Basel Miami Beach 2019

Erstmals gibt es heuer auf der Art Basel Miami Beach, was in Basel schon seit rund 20 Jahren unter dem Titel „Unlimited" läuft. Im neuen Sektor „Meridians“ wurde Platz geschaffen für monumentale Kunstwerke.  34 Werke wurden von der mexikanischen Kuratorin und Direktorin des Museo Tamayo in Mexico City, Magali Arriola, ausgewählt und sind im Grand Ballroom im Oberstock untergebracht. Der Ballroom hat zwar eine beachtliche Größe, doch der Teppich mit unruhigem Muster lenkt von der Kunst ab. Die Kuratorin hat sich bei der Werkauswahl auf den Dialog von Nord- und Südamerika konzentriert. Zu den beeindruckenden Installationen gehört Isaac Juliens neun Screens umfassende Arbeit „Lina Bo Bardi _ A Marvellous Entanglement", die sich mit der visionären brasilianischen Architektin und Designerin Lina Bo Bardi beschäftigt. Lokalen Bezug nimmt die Installation  „Deep Travels Ink" von Laure Prouvost, die ein pseudofunktionales Reisebüro in Miami hinbaute, Poster, Wasserspender und Zimmerpflanzen inklusive. Prouvost hat dieses Jahr Frankreich auf der Biennale in Venedig vertreten. Candice Lins greift in ihrer Videoarbeit  „La Chirada China (Tobacco Version)" die kaum beachtete Immigration chinesischer Arbeiter in die Karibik im 19. Jahrhundert auf.

Aus Österreich sind drei Galerien auf der Art Basel vertreten. Rosemarie Schwarzwälder von der Galerie nächst St. Stephan hat eine Auswahl aus ihrem Galerienprogramm, wobei sie sich auf Malerei konzentriert. Sie setzt ältere Arbeiten in Dialog mit neuen. So hat sie beispielsweise ein „Masterpiece“ von Imi Knoebel von 2005, das 265.000 US-Dollar kostet. Von Helmut Federle hat sie aus der „Basics on Composition-Serie“ zwei Arbeiten gegenüber gestellt. Eine stammt von 1993 und die zweite ist neu. „Die Unterschiede sind nicht gleich auf den ersten Blick zu sehen“, sagt Schwarzwälder. Sie hat auch gut verkauft. Eine Arbeit von Herbert Brandl ist an die private Sammlung von Jorge M. Pérez gegangen, der das Pérez Art Museum gegründet hat, zwei weitere Arbeiten von ihm hat sie nach Texas verkauft. Die Arbeiten kosten ohne Steuer 37.000 Euro. Zwei Werke von Imi Knoebel gingen für insgesamt 110.000 Euro weg, Daniel Knorr für insgesamt 50.000 Euro. „Knorr ist hier der Renner", sagt die Galeristin. Schwarzwälder ist auch in der kuratierten Kabinetts Sektion vertreten. Da zeigt sie die Künstlerin Isa Melsheimer. „Melsheimer arbeitet mit Keramiken. Das kommt in den USA sehr gut an", sagt die Galeristin. Von den kuratierten Kabinetts hält sie viel, weil es viel Aufmerksamkeit von Kuratoren bekommt.Sie zeigt ein iranisches Künstlerkollektiv, bestehend aus Ramin Haerizadeh, Rokno Haerizadeh und Hesam Rahmanian. Die drei leben inzwischen in Dubai. Sie beschäftigen sich unter anderem mit der europäischen Flüchtlingskrise. Collagen kosten 12.000 US-Dollar, der Tisch 35.000 US-Dollar. 

Galerie Krinzinger/Ramin Haerizadeh, Rokni Haerizadeh, Hesam Rahmanian, Where To? Wherever It Chances, 2019, Collage, Acryl und Gouache auf Papier, 55 x 75 cm, Foto: Courtesy Galerie Krinzinger

Galerie Krinzinger/Ramin Haerizadeh, Rokni Haerizadeh, Hesam Rahmanian, Where To? Wherever It Chances, 2019, Collage, Acryl und Gouache auf Papier, Foto: Courtesy Galerie Krinzinger, Art Basel Miami Beach 2019

Auch die Liste an Verkäufen von Thaddaeus Ropac ist lang: Er verkaufte unter anderem mehrere Arbeiten von Georg Baselitz, darunter  „Herdoktorfreud Grüßgott Herbootsmann" um eine Million Euro, ebenso wurde von Donald Judd, „Untitled“ von 1991, für 900.000 US-Dollar verkauft.


Österreichische Galerien auf den Satelittenmessen

Neben diesen drei österreichischen Galerien sind noch Ernst Hilger, Lisa Kandlhofer und Sophie Tappeiner auf Satellitenmessen in Miami. Hilger ist auf der Art Miami und hat dort Unique Pieces von Streetart-Künstler Shepard Fairy für 8000 US-Dollar verkauft sowie mehrere Blätter der neuen Edition von Alex Katz für 18.000 US-Dollar. Für eine große Arbeit von Mel Ramos gibt es Interesse. Allerdings wird Ramos zurzeit recht viel angeboten. Kandlhofer ist auf der Untitled und zeigt den jungen Künstler Grear Patterson. Seine Arbeiten sind inspiriert von T-Shirts seines Großvaters, die dieser ihm hinterließ. Daher nennt er sie  „Shirt Paintings". Seine Motive sind Landschaften mit Meer und Palmen und passen so gesehen gut nach Miami. Die Preise reichen von 16.000 bis 22.000 US-Dollar. Tappeiner ist heuer erstmals in Miami und stellt auf der NADA in der Projects-Sektion aus. Sie zeigt die Daniel Richter-Schülerin Anna Schachinger, unter anderem mit Mixed Media Arbeiten, in denen sie Leinwand mit T-Shirts kombiniert und auf diesen malt sowie Keramiken, in denen sie  Alltagsgegenstände dekonstruiert. Auch sie hat einige Arbeiten verkauft. Die Werke kosten zwischen 2200 und 4500 US-Dollar.

Generell war die Stimmung auf sämtlichen Messen sehr gut und es wurden starke Verkäufe gemeldet. Zumindest im Winterparadies Miami brummt der Kunstmarkt wie in den besten Zeiten. 

Eva Komarek

 

Galerie Sophie Tappeiner, Anna Schachinger, Crab, 2018, Keramik, Foto: Courtesy Galerie Sophie Tappeiner, Art Basel Miami Beach 2019

Galerie Sophie Tappeiner, Anna Schachinger, Crab, 2018, Keramik, Foto: Courtesy Galerie Sophie Tappeiner, Art Basel Miami Beach 2019

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